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Drohendes Aus der Geburtshilfe Drohendes Aus der Geburtshilfe: Viel Verständnis für die Hebammen

Von Andreas Richter 26.09.2017, 07:00
Entbindungsstation der Asklepios Klinik Weißenfels
Entbindungsstation der Asklepios Klinik Weißenfels Peter Lisker

Weißenfels - „Weißenfels ohne Geburtsstation, das wäre schlimm“, meint Claudia Steinhübl, Schwangerenberaterin beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Weißenfels. Die Verunsicherung unter den Frauen sei greifbar. Das hätten Gespräche in den vergangenen Tagen immer wieder gezeigt.

Sechs freiberufliche Hebammen haben ihre Verträge mit der Weißenfelser Asklepios-Klinik gekündigt. Eine Hebamme verlässt die Klinik aus Altersgründen. Somit könnte das Krankenhaus im kommenden Frühjahr ohne Geburtshelferinnen dastehen.

Weißenfelser Krankenhaus ohne Geburtsstation?

Das Weißenfelser Krankenhaus ohne Geburtsstation, das ist auch für Manfred Rauner, selbst Vater von vier Kindern, undenkbar. „Wir reden das ganze Jahr hinweg von Kindern und der Zukunft - und dann so etwas“, sagt der Vorsitzende der CDU/FDP-Fraktion im Stadtrat. Er gehört zu den vielen, die das Thema Hebammen in Weißenfels nicht kalt lässt. „Klinik und Hebammen müssen unbedingt noch mal an einen Tisch“, fordert er und sieht vor allem die Klinik in der Pflicht. Für die Forderungen der Hebammen hat Rauner vollstes Verständnis.

Für Hans Klitzschmüller, Vorsitzender der Fraktion Die Linke, hat das Ganze  eine politische Dimension. „Ich halte Privatisierungen im Gesundheitswesen grundsätzlich für einen Fehler“, sagt er. Das aktuelle Problem mit den Hebammen an der Weißenfelser Asklepios-Klinik sei ein neuerlicher Beleg dafür. Die öffentliche Hand habe sich aus der Verantwortung gestohlen.

Hohe Beiträge für die Haftpflichtversicherung

Dass die Hebammen nach einer Festanstellung streben, kann Klitzschmüller voll und ganz nachvollziehen. Denke man nur an die hohen Beiträge für die Haftpflichtversicherung, die die freiberuflichen Geburtshelferinnen belasten, bei einer Festanstellung jedoch vom Arbeitgeber übernommen werden. Für den Fall, dass sich Krankenhaus und Hebammen nicht doch noch einigen, hat der linke Stadtrat einen weitreichenden Vorschlag: „Wenn Asklepios nicht mitspielt, dann sollten wir über die Gründung einer kommunalen Geburtsklinik nachdenken.“

Großen Raum nehmen die Sorgen der Hebammen auch auf der Weißenfelser Facebookseite der MZ ein. Die meisten äußern Verständnis für das Vorgehen der Geburtshelferinnen. So schreibt Juliane Edel: „Ich kann jede Hebamme verstehen, die diesen Schritt geht... Wenn das Gesundheitswesen immer mehr privatisiert und auf Gewinnmaximierung getrimmt wird, dann kommt so etwas dabei raus.“

Leser: „Krankenhäuser sollten keine gewinnorientierten Unternehmen sein“

In die gleiche Kerbe schlägt Daniel Adulek. „Krankenhäuser sollten keine gewinnorientierten Unternehmen sein“, findet er. Christin Zeigermann lobt die Rundum-Betreuung durch die Hebammen - von der Vorbereitung über die Geburt bis hin zur Nachsorge.

Die Beleghebamme ist eine freiberuflich arbeitende Hebamme, die mit einer oder mehreren Geburtskliniken einen Belegvertrag abgeschlossen hat oder in einem Krankenhaus mit sogenanntem Belegsystem arbeitet. Die Beleghebamme arbeitet im Schichtdienst im Kreißsaal oder der Wochenstation einer Klinik.

Immer häufiger schließen sich Hebammen zu Praxisgemeinschaften zusammen. Diese bieten bereits vor der Geburt eine umfassende Schwangerschaftsvorsorge und Geburtsvorbereitung an. In Deutschland haben Frauen ab Feststellung der Schwangerschaft einen Anspruch auf eine Hebamme. Gesetzliche Krankenkassen übernehmen die Kosten für alle Leistungen, die im Hebammenvergütungsvertrag geregelt sind. Die Leistungen der privaten Krankenversicherungen sind vom jeweiligen Vertrag abhängig. In Deutschland muss bei Geburten generell eine Hebamme anwesend sein. Die Betreuung der Frauen wird in der Regel auch nach der Geburt des Kindes fortgesetzt.

„Früher waren Hebammen Angestellte und es hat geklappt. Dann wollte man clever sparen und geblieben ist ein Scherbenhaufen. Kehrtwende zurück. Der Imageverlust dieser Ausbildung ist aber nicht gleich wettzumachen“, meint Petra Hörning auf Facebook.

In zahlreichen Wortmeldungen schwingt die Hoffnung mit, dass  Asklepios-Klinik und Hebammen doch noch zu einer Einigung gelangen. Darum will sich auch der Weißenfelser Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos) bemühen. Wie Pressesprecherin Katharina Vokoun sagt, werde der OB noch einmal das Gespräch mit dem Krankenhaus suchen. Zugleich jedoch dämpft die Stadt die Erwartungen. „Wir können der Klinik keine Vorschriften machen“, heißt es aus dem Rathaus. (mz)