Drei goldene Engel für Kirche in Kistritz
Kistritz/MZ. - In mattem Weiß und goldenem Lorbeerkranz schwebt der Engel von Kistritz wieder unter dem Dach der Kirche. Er hatte seinen angestammten Platz im Gotteshaus verlassen, um unter den Händen von Restauratorin Christina Nehrkorn-Stege eine Schönheitskur zu erhalten.
Das kostbare Stück diente im Jahr 1693 erstmals zur Taufe. Wie in Kirchenbüchern verbucht ist, wurde am 10. Oktober jenes Jahres die Tochter Eva Christian des damaligen Pfarrers getauft.
Heute schwebt der Engel unterm (Kirchen-) Himmel. Doch seine Beine sind angewinkelt. Lässt man ihn also herab, kann er vor dem Täufling kniend seines Amtes walten. In der rechten Hand hält er die Taufschale aus Zinn und den linken Arm erhebt er zum Segnen. Doch die barocke Schönheit - sie ist immerhin über 300 Jahre alt - litt an so mancher Alterserscheinung. "Der Engel befand sich in einem erbarmungswürdigen Zustand. An der Figur befanden sich in großem Maße lockere Bereiche in der Farbfassung", erläutert die Restauratorin Christian Nehrkorn-Stege. Vor allem die Klimaschwankungen in der Kirche, die massive Sonneneinstrahlung (der Engel hängt genau vor dem großen Fenster) und möglicher Durchzug im Gotteshaus führten zum sichtbaren Verfall.
Der kirchlichen Stiftung Kunst- und Kulturgut ist es zu verdanken, dass die Figur aus ihrem Dornröschenschlaf befreit wurde. Unter Federführung von Doktor Bettina Seyderhelm wurden in Berlin zwei anonyme Spenden-Engel gefunden, die die finanzielle Patenschaft für die Restaurierung übernahmen. Der Krauschwitzer Bürgermeister, Orgelspieler und Mitglied im Gemeindekirchenrat Hans Püschel nahm den Engel höchst persönlich von der Kirchendecke ab und brachte ihn zur Restaurierung nach Dresden.
Es folgte eine aufwendige Konservierung. "Viele der Farbschichten waren komplett gelockert, Fehlstellen habe ich fachlich ergänzt, mit Lasuren retouchiert. Es war teilweise eine sehr komplizierte Arbeit", sagt die 34-jährige Fachfrau. Die Farbfassung der hölzernen Figur sei besonders wertvoll. Sie stammt von einem Fassmaler (jenen oblag früher die Ausstattung der Kirche). Die Taufschale konnte zweifelsfrei einer Naumburger Zinngießerei zugeordnet werden. Sie wurde von Vater Manfred Nehrkorn in Magdeburg behutsam restauriert. Der Kistritzer Engel reiste weiter zur Taufausstellung nach Magdeburg. Hier bestaunten ihn im Rahmen der Schau "1000 Jahre Taufe" exakt 71 202 Gäste. "So viele Menschen hat unser kleines Gotteshaus selbst in allen Jahren seiner langen Geschichte noch nicht gesehen", sagt Hubert Hannig stolz in seiner Andacht. Und Gemeindekirchenrätin Elke Blücher ließ es sich nicht nehmen, den Engel in Magdeburg zu besuchen. Das Kunstwerk kehrte pünktlich zum Weihnachtsfest zurück und strahlt mit seinem goldenem Lorbeerkranz unterm Kirchenhimmel.