Diskriminierende Formulierungen Diskriminierende Formulierungen: Arbeitsloser gewinnt Streit gegen Jobcenter Burgenlandkreis

Weissenfels - Es hat lange gedauert, aber Ulrich Jende hat Genugtuung erhalten. Und - so hofft er - Hartz-IV-Betroffene dürften zukünftig nicht mehr in Briefen so herabwürdigend behandelt werden, wie es ihm geschah.
Begonnen hatte sein Streit mit dem Jobcenter Burgenlandkreis vor knapp zwei Jahren. Er war wieder mal zu einem Gespräch vorgeladen worden. Immer ist er diesen Einladungen nachgekommen, hat auch Beschäftigungsangebote angenommen, war zuletzt am Sonnenobservatorium zur Betreuung der Besucher eingesetzt. Doch ein Satz hatte ihn wiederholt aufgebracht: „Beachten Sie bitte, dass Sie der Einladung trotz bestehender Arbeitsunfähigkeit nachkommen müssen. Sollte Ihnen dies nicht möglich sein, weisen Sie Ihre Bettlägerigkeit mit einem ärztlichen Attest nach.“
Krankheit nur mit Bettlägerigkeit?
Zum einen sah Jende sich damit unterstellt, Krankheit als Vorwand zu nehmen, beim Jobcenter nicht zu erscheinen. Und zum zweiten war es für ihn eine Anmaßung der Behörde, nicht anzuerkennen, dass Krankheit auch ohne Bettlägerigkeit jemanden hindern kann, Termine des Jobcenters wahrzunehmen.
Die Erklärung des damaligen Jobcenter-Betriebsleiters Berndt Lampe, dass der Satz in den Standardbrief geraten sei, weil es auch immer wieder Menschen gebe, die sich durch Arbeitsunfähigkeit den Gesprächen mit den Mitarbeitern des Jobcenters entziehen würden, ließ er nicht gelten. Aber der Passus sollte zukünftig in der Post an ihn auch nicht mehr auftauchen, wurde ihm versichert. Als dieser Satz ihm aber das dritte Mal unter die Augen kam, wandte er sich mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde direkt an den damaligen Landrat Harri Reiche (parteilos). Denn offenbar hatte der es nicht geschafft, das Jobcenter von seiner Praxis abzubringen.
Untätigkeitsklage gegen Landrat Harri Reiche
Als ihn auch nach einem halben Jahr von dort noch keine Antwort zugekommen war, reichte er eine Untätigkeitsklage gegen den Landrat ein und das Verwaltungsgericht Halle nahm sich dieser an. 438 Euro Gerichtskosten waren im Voraus bereitzustellen, woraufhin Jende Prozesskostenhilfe beantragte. Dieser Antrag blieb unbeantwortet, die Landeshauptkasse stundete den Betrag jedoch. „Die Sache war so eindeutig“, erklärt sich Jende, warum an dieser Stelle nicht mehr Aufwand betrieben wurde, die Gerichtskosten im Voraus zu sichern. Die würde sein Prozessgegner tragen müssen. Und zu dem wurde anstelle des Landrates der Burgenlandkreis.
Ende September des letzten Jahres flatterte bei Jende dann vom Justiziar des Burgenlandkreises, Peter Hoekstra, die Antwort auf seine Dienstaufsichtsbeschwerde auf den Tisch. Darin wurde nicht nur mitgeteilt, dass die kritisierte Textpassage nach Überarbeitung der Schreiben seit Mai 2014 nicht mehr genutzt werde und auch nur dann, wenn es einen Anlass dafür gebe, bestimmte Hinweise erfolgen sollten. Unabhängig davon wurde Jende auch versichert, dass man ihn nicht herabwürdigen und erniedrigen wollte. „Endlich“, sagte der Mann, dem es trotz solider Ausbildung und festem Willen nicht gelungen ist, wieder dauerhaft in Arbeit zu kommen. Jetzt, mit 60 Jahren, zweifelt er sogar daran, dass man ihn noch einmal über das Jobcenter am Sonnenobservatorium einsetzt. Dabei würde er gern dort weitermachen.
Abgeschlossen wurde sein Streit mit dem Burgenlandkreis endgültig erst mit dem Beschluss einer Richterin des Verwaltungsgerichts. Diese entschied: Das Verfahren wird eingestellt. Der Burgenlandkreis hat sein Fehlverhalten ja eingesehen. Der trägt die Kosten des Verfahrens. „David hat Goliath besiegt“, so sieht es Jende am Ende. (mz)
