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Diorama der Schlacht bei Roßbach Diorama der Schlacht bei Roßbach: Gästeführer kommt auf Anruf

Von Holger Zimmer 13.12.2013, 19:13
Der Reichardtswerbener Kurt Pippel mit der Gedenkschleife, die an den 250. Jahrestag der Schlacht bei Roßbach vor sechs Jahren erinnert.
Der Reichardtswerbener Kurt Pippel mit der Gedenkschleife, die an den 250. Jahrestag der Schlacht bei Roßbach vor sechs Jahren erinnert. Peter Lisker Lizenz

Reichardtswerben/MZ - Kurt Pippel hat das Diorama der Schlacht bei Roßbach in seinem Heimatort Reichardtswerben bereits in DDR-Zeiten Verwandten und Bekannten nähergebracht. Damals hatte die Pfarrerfamilie Laukner die Schlüsselgewalt und das Kleinod war aus politischen Gründen geheime Verschlusssache. Doch dass Pippel an der Geschichte interessiert war, war bekannt und erwies sich als „Sesam öffne dich“. Heute bedarf es keines Zauberspruchs mehr und der 88-Jährige gehört laut dem stellvertretenden Vorsitzenden des Diorama-Vereins, Jürgen Heuer, zu den aktivsten Mitgliedern, wenn es um Arbeitseinsätze geht, und seine Rufnummer neben der Tür am Pfarrhaus steht ganz oben. Besucher können sie für eine Führung anwählen. Mit dem Rad ist Kurt Pippel dann schnell vor Ort.

Das schönste Lob hat er mal aus dem Munde eines spanischen Offiziers gehört. Der hatte ihn angeklingelt und war drei Stunden durch die Räume, die sich mittlerweile zum Museum gemausert hatten, geleitet worden. Anschließend sagte er: „Sie erzählen so, als ob sie bei der Schlacht dabei gewesen wären.“ Dann schraubte er in seinem Wohnwagen jene Holzplatte ab, die ihn als Absolvent der Nato-Militärakademie auswies und ließ sie als Präsent im Diorama zurück. Dabei erzählte er, dass er noch nach Polen und zum Denkmal der Schlacht bei Tannenberg im ehemaligen Ostpreußen fahren wolle. Dort hatten deutsche Truppen ihren Gegner 1914 geschlagen. Pippel wusste, dass das Denkmal längst gesprengt worden war, besaß aber ein Bild von einer Fahrt als Dreizehnjähriger dorthin. Das schenkte er dem Spanier.

Pippel ist Lokalpatriot. Er erinnert sich an die Einweihung des Dioramas 1935 ebenso wie an den Besuch des ehemaligen Generalfeldmarschalls August von Mackensen 1940. Zeitungsberichte zeugen in den Räumen von den Ereignissen, die ganz Reichardtswerben auf den Beinen sah. Kurt Pippel sagt: „Mein Vater war geschichtsinteressiert und da haben wir uns oft unterhalten.“ 1940 hatte Kurt Pippel Konfirmation und Offiziere aus den nahen Flak-Stellungen waren im Ort und auch bei Pippels einquartiert. Von einem, der als Zivilist Pfarrer war, hat er ein Buch über die Schlacht geschenkt bekommen und später mit Flak-Helfern erste Führungen bestritten. Mit Stolz zeigt er in der guten Stube jene Kohlezeichnung der Reichardtswerbener Kirche, die er als angehender technischer Zeichner im März 1942 angefertigt hat.

Sie zeigt den barocken Kirchturm, bevor er drei Monate später abgebrannt ist. Eine Reproduktion hat er seinen fünf Söhnen ebenso zukommen lassen wie alteingesessenen Reichardtswerbenern zu Jubiläen. Kurt Pippel hat noch 2011 rund 20 bis 30 Führungen im Jahr absolviert. Die haben sich mittlerweile halbiert, aber auch die Sonntagsöffnungszeiten zwischen Mai und Oktober sichert er einmal im Monat ab. Mehrfach hat er Offiziere des Bundessprachenamtes Naumburg geführt und einmal sogar abgeholt. Nach der Besichtigung war eine Afrikanerin bei ihm und seiner Frau Roselinde zu Gast und einen Mann aus Minsk hat er noch bis zum Leuna-Werk gefahren, weil dessen Vater während der Nazi-Zeit dorthin zum Arbeitsdienst verpflichtet worden war. Mit ausländischen Gästen habe er sich gut verständigen können, aber Enkelin Anne hätte mal beim Übersetzen geholfen.

Seit der Wende mischt der Senior in der Interessengemeinschaft „Schlacht bei Roßbach“ mit. Zuvor war das Diorama auf Initiative von Herbert Wenzel saniert worden und Günter Abel sowie die inzwischen verstorbenen Helmut Vogler und Siegfried Schütte gehör(t)en ebenfalls zu den Mitstreitern der ersten Stunde. Stolz macht Pippel, dass er in diesem Jahr als erster die Ehrenmitgliedschaft im Verein erhalten hat, die sicher auch andere verdient hätten. Dass die Sowjetarmee das Diorama vor Ort lassen musste, weil es kirchliches Eigentum war, sei ein Glücksfall gewesen „Es hat uns über die Kreisgrenzen bekannt gemacht.“ Führungen wolle er jedenfalls so lange bestreiten, wie er sich fit fühle.