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Der Kaiser von Stuttgart ist da

Von PETRA WOZNY 21.05.2010, 17:18

TAUCHA/MZ. - Es gibt Orte, da verspricht das Pfingstfest nicht nur ein verlängertes Wochenende zu sein, sondern Fröhlichkeit und Miteinander in einem ganzen Dorf. So richtig mit Maien, einem Fass Freibier und einem Umzug durch das Dorf. Eben so wie in Taucha.

Zusammenhalt im Dorf

Einer, der mit dieser Tradition aufwuchs, ist Nico Kaiser. Seit sieben Jahren lebt der 33-Jährige in Stuttgart. Dennoch verpasst er kein Tauchaer Fest, nimmt er sich doch zu Pfingsten Urlaub, um hier die Feiertage im Elternhaus, mit seinen Freunden und den Pfingstburschen zu verleben. Mehr noch: Als Vorsitzender des Vereins Tauchaer Pfingstbier hält der Wahl-Stuttgarter die Fäden für das viertägige Dorffest in den Händen. "Pfingsten - das ist für mich Heimat, Freude und Zusammenhalt", sagt der junge Mann und fügt mit einem Lachen hinzu: "Ja, das ist ganz schön gewachsen, den eigentlich bin ich ziemlich spät zu unserem Pfingstbrauch gekommen." Und der "Spätzünder", wie er sich selbst bezeichnet, schildert. 14 Jahre muss der Tauchaer sein, um an der Pfingstzeremonie teilnehmen zu können. Der junge Kaiser war schon vier Jahre drüber. Dabei sein, das heißt am Freitag vor Pfingsten die Maien zu schlagen und sie am Samstag auszutragen. Pfingstsonntag ist dem festlichen Umzug der Pfingstburschen gewidmet. Voran wird auf einer Kutsche der Rosenkavalier - seit vielen Jahren ist es Nico Kuhnert, gefahren.

In feierlicher Prozession, begleitet vom Schalmeienorchester des Ortes, holt er die unverheirateten Mädchen von ihrem Zuhause ab und bildet mit ledigen Burschen Paare. Am Abend geht es zum Tanz. Montags werden Eier erbettelt und am Mittag verspeist. Es wird getrunken, getanzt und viel gelacht. "Früher hat das die Feuerwehr organisiert", schildert Nico Kaiser und seine Eltern, die nie ein Pfingstfest verpasst haben, pflichten ihm bei. Seit drei Jahren organisiert das Fest der Verein.

Rund 300 Bäume sind am Freitag im Tagebau Profen von den Tauchaer Pfingstburschen geschlagen worden. "Das ist harte Arbeit vor der Feier", meint der Vereinsvorsitzende, waren doch die Birken triefend nass vom tagelangen Regen. Am Samstag werden sie an die Haushalte verteilt. Während das Grün in die Eimer vor den Häusern versenkt wird, fließen so manche Schnäpschen durch die Kehlen der Burschen und die Euro als Dank ins Vereinssäckel.

Und wieder klingen die Schalmeien, denn der große Maibaum, den 15 Mannen schleppen müssen, wird zum Dorfmittelpunkt getragen und geschmückt aufgestellt. Schon das ist eine Zeremonie, schaltet sich Mutter Bettina Kaiser ein. Ihre ganze Freude ist es, dass Enkelsohn Moritz mit in der Pfingstgesellschaft zu finden ist. Während Vater Nico die große Maie mit aufstellt, trägt der sechsjährige Spross gemeinsam mit den Kindern eine kleine Maie. "Wir finden es schön, dass unser Enkel, der ja woanders groß wird, unser Brauchtum mit lebt", sagt sie.

Nico Kaiser hakt ein: "Meine Frau ist aus Chemnitz. Wir haben uns bei Stuttgart kennengelernt. Ich bin der Arbeit nachgezogen. Dort haben wir weniger Freunde als hier", sagt er ohne Bedauern. "Wir haben doch Taucha", fügt er hinzu und lacht herzlich. Wenn am Sonntag der Rosenkavalier in Rock und Zylinder auf der Kutsche durch die Tauchaer Straßen fährt, dann begleiten ihn die unverheirateten Jungs und die Pfingstburschen um Nico Kaiser. Er ist sich sicher, dass das Wetter schön wird. Pfingsten habe es noch nie geregnet. Nicht sicher ist sich der Chef des Tauchaer Pfingstbiers, wer im kommenden Jahr als Kavalier, der im Spaß Pfingstochse genannt wird, auf der Kutsche sitzen wird.

Neuer Rosenkavalier

Nico Kuhnert wird es in diesem Jahr zum letzten Mal sein. Hohe Anforderungen sind an den Pfingstochsen gestellt. Er muss nicht nur ledig und ein guter Tänzer sein. Auch Trinkfestigkeit wird verlangt. Für jedes Mädchen, dass er in den Umzug holt, bekommt er Schnaps, mindestens einen. In diesem Jahr gilt es, 19 Mädchen abzuholen. Die Sache mit dem Pfingstochsen soll nach dem Fest geklärt werden. "Denn auch im nächsten Jahr wird es wieder ein Pfingsten, ganz nach dem Brauch der Tauchaer geben, logisch", sagt der Vereinschef aus Stuttgart.