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Cosplay Cosplay: Countdown in Samt und Seide

Von Teresa Schneidewind 12.03.2013, 19:42
Cindy Tillmann in einem ihrer Kostüme.
Cindy Tillmann in einem ihrer Kostüme. Teresa Schneidewind Lizenz

Prittitz/MZ - Wenn im Internetnachrichtendienst Twitter folgende Unterhaltung zu lesen ist: „Bald ist endlich LBM. Ich freu mich schon so!“ - „Oh ja, das wird einfach episch“, dann ist das - auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirkt - immer noch Deutsch, nur etwas spezieller. Denn solche Sätze hört man dieser Tage besonders oft von den sogenannten „Cosplayern“, zu denen auch die 24-jährige Cindy Tillmann aus Prittitz gehört. Die Leipziger Buchmesse - dafür steht das LBM in der zitierten Kurznachricht beginnt am - beginnt am Donnerstag und ist für viele Angehörige dieser Szene das Highlight des Jahres und dementsprechend groß ist die Aufregung.

"Am Anfang konnte ich gerade mal Knöpfe annähen"

Cosplay - frei übersetzt bedeutet es etwa „Kostümspiel“ (Zusammensetzung aus den englischen Begriffen „costume“ und „play“), ist ein Verkleidungstrend aus Japan. „Cosplay bedeutet aber nicht nur sich zu kostümieren, sondern es ist auch das Spielen der Figur, die man darstellt. Man schlüpft quasi in die Rolle des Charakters, den man mit dem Kostüm darstellt“, erklärt Tillmann. Die junge Frau ist begeistert und stolz zugleich, wenn sie von diesem außergewöhnlichen Hobby spricht. Stolz kann sie sein, denn sie näht alle ihre Kostüme in Heimarbeit selbst.

Jedoch war das nicht immer so. „Am Anfang konnte ich gerade mal Knöpfe annähen“, sagt die Prittitzerin lächelnd und spielt damit auf ihre Anfänge in der „Cosplayszene“ an. Zu Beginn war es auch nicht das Kostümieren, was sie fasziniert hat, eigentlich war sie eher grafisch und künstlerisch umtriebig. „Schon im Kindergarten habe ich gemalt, gemalt, gemalt“, sagt sie. Und weiter: „Meine Kindergärtnerin hat damals schon gesagt, dass ich mal was in der Richtung mache werde.“ Ihre Kindergärtnerin behielt recht.

Während der Schulzeit entwickelte Tillmann eine Faszination für die aus Japan stammenden „Mangas“ - eine Art Comic im Taschenbuchformat. Auch „Animes“, quasi Mangas im Serienformat fürs Fernsehen, hatten es ihr angetan. Ihre Zeichnungen und Malereien passten sich diesem speziellen japanischen Grafikstil an. Es blieb auch bald das Interesse am Herkunftsland so vieler kreativer Stilrichtungen nicht aus. Japan als kleiner Sehnsuchtsort - „In Tokio ist alles schrill und bunt. Aber auf der anderen Seite kann man dort so viel Tradition finden. Der Kontrast ist unheimlich interessant“, sagt sie.

Nach dem Abitur am Weißenfelser Goethegymnasium im Jahr 2007, begann die junge Frau eine dreijährige Ausbildung zur Mediengestalterin für Digital- und Printmedien. Bis heute ist sie in dem Beruf tätig. „Meine Kollegen finden das alles cool, wollen immer Fotos der neuesten Kostüme sehen“, so Tillmann.

"Ich hatte nicht mal eine Perücke"

Der Umschwung von Malerei auf Schneiderei begann eher schleichend. Bei ihrem ersten Besuch der Leipziger Buchmesse 2003 sah sie sie - „diese Kostümierten“. Sie standen bevorzugt bei den Verkaufständen der Mangaverlage und trugen Kostüme von Mangacharakteren. „Ich habe mich damals nur gewundert, was die da machen. Aber ich wollte auch mehr darüber wissen. So habe ich erfahren, dass das Cosplayer waren und ich war fasziniert davon.“, sagt sie.

Generell ist die Leipziger Buchmesse Dreh- und Angelpunkt für die Nähleidenschaft Tillmanns. Ihr erstes Kostüm war von einer Schneiderin genäht worden. „Es war furchtbar, ich hatte nicht mal eine Perücke“, sagt sie. „Aber das war egal. Man ist so schnell mit Gleichgesinnten - also anderen Cosplayern - ins Gespräch gekommen. Das hat so viel Spaß gemacht“, sagt sie und meint, dass sie ab diesem Zeitpunkt begann, sich selbst das Nähen beizubringen.

Nach einem Nähmaschinenkurs an der Volkshochschule ging es autodidaktisch weiter. Anfänglich kleine Umnäharbeiten wurden zu großen Kostümen und sogar zu Rüstungen. Heute umfasst die Kollektion selbst geschneiderter Cosplay-Kostüme 30 bis 40 Stück. Jedes Jahr kommen 10 bis 15 hinzu. „Mit Perücke, Schuhen, Accessoires und Stoff kostet so ein Kostüm im Schnitt 80 bis 100 Euro.“

Und in diesem Jahr wird Cindy Tillmann zur Leipziger Buchmesse - ihrem persönlichen Jahreshighlight - gleich an allen vier Messetagen in jeweils unterschiedlichen Kostümen präsent sein. „Es ist ja nicht mehr viel Zeit bis zur Buchmesse. Ich muss noch eine Rüstung machen und ein Kostüm ist auch nur halbfertig. Da kriege ich gerade Panik“, gesteht sie. Aber eine große Motivation sind ihre Cosplay-Mitstreiter. In dieser Szene unterstützt man sich - via Internet oder auch bei Treffen („Conventions“). Tipps und gute Worte, das ist manchmal alles, was es braucht. Und in Zukunft?

„Das Schneidern zum Beruf machen? Nein, das will ich nicht. Da könnte ich den Spaß daran verlieren. Und ich kann mir nicht vorstellen, mit 30 Jahren noch zu cosplayen. Ich mache das alles solange mit, wie es mir selbst Spaß macht“, stellt sie fest und steckt eifrig noch eine Nadel an ein Kostüm, denn es ist nicht mehr viel Zeit bis zur Leipziger Buchmesse.