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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Verein fürchtet Gewalt

Von anka stolper-heinike 19.03.2012, 20:27

naundorf/MZ. - Der Tierschutzverein Saale-Rippachtal wird wohl den mit dem Unternehmer Andreas Böhme geschlossenen Mietvertrag für das ehemalige Beamtenhaus im Deubener Ortsteil Naundorf wieder kündigen und daraus kein Tierheim machen. Zwar werde sich der Vorstand noch einmal dazu beraten, doch nach den Vorfällen der zurückliegenden Tage fürchte man um Leib und Leben, erklärte am Montag Eckardt Böttcher, Sprecher des Vereins.

Als Tierschützer die ersten Aufräumarbeiten im Beamtenhaus erledigten, sei ihnen mehrfach von Anwohnern gedroht worden. "Sie wollten die Fundtiere totschlagen, Fenster einwerfen und auch uns Gewalt antun", erklärte Vereinssprecher Eckardt Böttcher. Während einer von Tierschutzverein und Ortschaftsrat gemeinsam initiierten Einwohnerversammlung in Naundorf am Donnerstagabend vergangener Woche schlug den Tierschützern teilweise unverhohlener Hass und Ablehnung entgegen.

Ortsbürgermeister Manfred Blache (parteilos) würdigte zu Beginn der Einwohnerversammlung zwar den ehrenamtlichen Tierschutz und mahnte Sachlichkeit für die Versammlung an. Dann allerdings überschüttete er die rund 50 Zuhörer mit einer Reihe von Negativargumenten gegen ein Tierheim. "Das Wertgut Mensch steht vor dem Tier", erklärte er schließlich. Ein Tierheim werde die Lebensqualität der Naundorfer erheblich mindern, fand Blache, sprach von Lärm und Gestank. Er kritisierte, vom bereits geschlossenen Mietvertrag zwischen Unternehmer Andreas Böhme und dem Tierschutzverein und vom geplanten Tierheim erst aus der MZ erfahren zu haben. "Ich muss meine Einwohner schützen", so der Ortsbürgermeister am Montag nochmals auf Nachfrage der MZ. Weshalb er den Vereinsmitgliedern immer wieder das Wort entzog, das vorliegende Betreiberkonzept als nichtssagend bezeichnete und den Verein nicht einmal zur Versammlung eingeladen hatte, konnte er allerdings nicht begründen.

Versuche der Vereinsmitglieder zu schildern, wie man ein Tierheim auch ohne große Lärmbelästigung für die Anwohner betreiben kann, wurden vom Versammlungsleiter und durch Pöbeleien von Zuhörern immer wieder im Keim erstickt. Ortschaftsrat Otfried Reisch behauptete gar, dass Hunde aus dem Tierheim sicher mal durch den Ort streifen würden und Menschen anfallen könnten.

"Dass es Widerstand geben würde, haben wir geahnt. Doch so viel Hass habe ich noch nie erlebt", klagte Rita Wagner, Vorsitzende des Tierschutzvereins. Naundorfer hätten ihr berichtet, dass drei Männer Tage vor der Versammlung im Namen der Gemeinde Druck auf Einwohner ausgeübt hätten, damit sie gegen das Tierheim stimmen. Manfred Blache widersprach dem am Montag. Seine Gemeindearbeiter hätten lediglich Einladungen an Naundorfer verteilt. Dass nicht alle im Ort gegen ein Tierheim sind, zeigte sich während der Bürgerversammlung allerdings auch. Ein junger Mann (Name ist der Redaktion bekannt), erklärte, dass die Lastwagen auf der durch Naundorf führenden B 91 wesentlich mehr Lärm verursachen würden als Hunde oder Katzen. Acht Einwohner stimmten schließlich für den Bau eines Tierheims, darunter die Anwohner der Werkstattstraße, deren Grundstücke direkt an das Tierheimgelände grenzen würden.

Nicht positionieren wollte sich der Teucherner Bürgermeister Frank Puschendorf (parteilos). Er erklärte lediglich, dass er seit März 2011 in Verhandlungen mit dem Tierschutzverein stehe und auf dessen Entscheid händeringend warte, damit die Teucherner Fundtiere irgendwo untergebracht werden könnten. Vom Mietvertrag des Vereins mit Andreas Böhme habe er auch erst aus der Zeitung erfahren. Das wiederum verwunderte den Naundorfer Unternehmer. Der Mietvertrag sei Grundvoraussetzung für die Handlungsfähigkeit des Vereins. Er persönlich habe mit Frank Puschendorf vor Abschluss des Vertrages darüber gesprochen. Ein Vertreter der Firma Böhme Recycling war zur Einwohnerversammlung trotz Ankündigung nicht erschienen.

Am Montag fand Ortschaftsrat Otfried Reisch moderatere Töne in Sachen Tierheim Er sei mit dem Verlauf der Veranstaltung nicht zufrieden. "Die Versammlungsleitung war unglücklich", meinte er gegenüber der MZ. Die Tierschützer fühlen sich trotzdem als Opfer vieler Vorurteile und werden Naundorf wohl den Rücken kehren.