Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Pilzsammler entgeht knapp tödlichem Gift
WEISSENFELS/MZ. - Danach konnte er vergnügt nach Hause gehen. Die 84-jährige Expertin in der Beratungsstelle in der Weißenfelser Pestalozzistraße hat ihn gerade vor großem Unheil bewahrt. Ihm bleibt erspart, was in den letzten Tagen Pilzsammlern in Bad Dürrenberg und Magdeburg widerfahren ist, die von solchen Pilzen gegessen haben und im Krankenhaus um ihr Leben kämpfen.
Überhaupt bleibt von der Pilzausbeute, die Olaf Bartholomäi von einem Ausflug zu seinem Sohn aus Osnabrück mitgebracht hat, nach der Begutachtung durch Ute
Nothnagel nicht mehr viel übrig. Denn die Fachfrau holt aus seinem Korb noch 35 giftige Kahle Kremplinge und vier ebenfalls giftige Kartoffelboviste. Lacktrichterlinge, einen Schleimigen Wurzelrübling, drei junge Birnenboviste und einen Fälbling darf der Sammler mit nach Hause nehmen.
Ute Nothnagel ist besorgt. Seit mehr als 40 Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich in der Pilzberatung. Aber ein derartig häufiges Auftreten von Giftpilzen wie in diesem Jahr habe es nur selten gegeben. So wachse der Grüne Knollenblätterpilz zurzeit scheinbar besonders gut, erzählt die Pilzberaterin. Ihre Mitstreiterin, die Weißenfelserin Ursula Winter, habe neulich während der Beratung aus dem Korb einer Sammlerin sage und schreibe 14 Grüne Knollenblätterpilze gefischt. "Dabei hat es die letzten vier Jahre keine Funde dieses Pilzes in unserer Region gegeben", erzählt Ute Nothnagel.
Im September und Oktober ist die Hauptvegetationszeit für Pilze - deshalb sind zur Zeit viele auf der "Jagd" nach ihnen. Maronen, Kuhpilze, Steinpilze, Rotkappen und Birkenpilze gebe es jetzt schon im Burgenlandkreis, erzählt die Weißenfelserin. Die typischen Herbstpilze wie Stockschwämmchen, Rötelritterlinge oder Hallimasch kämen aber erst. "In den Korb gehört nur, was man kennt", rät Ute Nothnagel. Wenn sich der Sammler unsicher ist, ob sein Fund genießbar ist, sollte er unbedingt einen Pilzberater aufsuchen.
Leider gebe es noch immer falsche Weisheiten darüber, wie man der Vergiftungsgefahr durch Pilze entkommen kann, so Ute Nothnagel. Pilze, die von Tieren angefressen sind, dürfe der Mensch entgegen anders lautender Gerüchte, nicht essen. Quatsch sei es auch, dass Giftpilze genießbar werden, wenn man sie zusammen mit einer Zwiebel oder einem Silberlöffel kocht. "Ein Laie darf nie einen rohen Pilz kosten. Das ist sehr gefährlich", warnt die Sachverständige.
Über die Funde ihrer Kunden führt Ute Nothnagel mit Lebensgefährte Hans Lackenmacher (87) genauestens Buch. So könne man das Gesundheitsamt oder den Verbund der Pilzsachverständigen in Sachsen-Anhalt über häufige oder auch seltene Funde informieren, erzählt die Sachverständige. Traurig ist sie darüber, dass es in diesem Jahr keine Pilzausstellung im Heimatnaturgarten geben wird. Wegen der Straßenbauarbeiten in der Langendorfer Straße seien 2009 gerade mal drei Besucher zur Ausstellung gekommen. "Im Jahr zuvor waren es mehr als siebzig", erinnert sich Ute Nothnagel. Sie rät zum Besuch der Pilzausstellung im Botanischen Garten Halle vom 2. bis 3. Oktober.
Holger Krauel, Chefarzt für Innere Medizin im Asklepios-Krankenhaus Weißenfels, berichtet, dass es den letzten Fall einer schweren Pilzvergiftung durch den Grünen Knollenblätterpilz 2003 in Weißenfels gegeben hat. "Seither sind wir gewarnt und lagern ein Gegenmittel", erzählt der Mediziner. Er rät, immer einen Rest von einer Pilzmahlzeit aufzubewahren. Dann falle es im Notfall leichter, den verursachenden Pilz nachzuweisen und die Vergiftung zu behandeln.