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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Löwe trifft auf Schlange

Von CORNELIA FUHRMANN 15.04.2011, 17:50

LÜTZEN/MZ. - 40 000 Mann standen sich in Lützen gegenüber, damals im November 1632. Es waren die Truppen des Schwedenkönigs Gustav II. Adolf, die für die protestantische Glaubensfreiheit kämpften, und die kaiserlich-katholischen Soldaten unter Graf Albrecht von Wallenstein. Etwa 6 500 Mann beider Armeen fanden in einem der verlustreichsten Gefechte des Dreißigjährigen Krieges auf dem Schlachtfeld den Tod.

Nun soll in diesem Jahr mit Arbeiten begonnen werden, um Massengräber der dort bestatteten Soldaten zu suchen, informierte Archäologin Susanne Friedrich bei einer Zusammenkunft von Fachkollegen am ehemaligen Schlachtfeld. Sie sei sicher, dass man noch Gebeine finden werde, da die Bodenzusammensetzung den Knochen nicht geschadet haben dürfte. Bislang gebe es nur Vermutungen, wo solche Gräber sein könnten. Landesarchäologe Harald Meller sagte, dass beim Bau des jetztigen Netto-Supermarktes an der Bundesstraße 87 wahrscheinlich einige Gräber entsorgt worden seien.

immer, Jahrhunderte später, finden Archäologen auf dem Gelände des Schlachtfeldes Gewehr- und Bleikugeln, Uniformreste und Ausrüstungsgegenstände. Ausgestattet mit sogenannten Tellersonden, die die verschiedenen Metalle unterscheiden können, und Spaten suchen sie Stück für Stück ab. Mittlerweile seien es mehr als 10 000 Funde, die es durch genaue Kartierung ermöglichen, die Truppenaufstellungen und den Schlachtverlauf zu rekonstruieren.

So wurde auch ein kupferner, münzgroßer Löwenkopf entdeckt, der als Einzelstück gelte und als Propaganda des Schwedenkönigs eingeordnet werde, sagte Schürger. Der Löwe, als Symbol für den protestantischen König, hat eine Schlange in seinen Fängen, die für die katholischen Feinde stehe. Gefunden hat ihn der schwedische Archäologe Bo Knarrström, der zusammen mit den schottischen Kollegen Timothy Sutherland, Glenn Foard und Tony Pollard an der Erforschung des Lützener Schlachtfeldes beteiligt ist. Gefunden wurden außerdem zwei figürliche Hakenverschlüsse aus Bronze als Zeugnisse Nürnberger Rotschmiedearbeit, die wahrscheinlich von dort mitgebracht wurden, als sich die verfeindeten Truppen Monate zuvor schon einmal trafen.

Pollard erkärte die Faszination so, dass die Untersuchungen eine neue Perspektive auf die Historie lieferten und durch die wissenschaftliche Herangehensweise zur Debatte über Schlachten beitrügen. "Wegen seiner Authentizität ist es auch für andere Schlachtfelder modellhaft und hat internationale Bedeutung", ergänzte Heller. "Mit den Funden können wir historische Überlieferungen belegen. Es gibt zwar viele Quellen, aber das sind meist Augenzeugenberichte, die natürlich einen subjektiven Eindruck darstellen", erklärte der Projektleiter in Lützen André Schürger, der mittlerweile eine Million Quadratmeter Schlachtfeld, gerade einmal ein Drittel der Gesamtgröße, abgesucht hat. Damit sei das Projekt das größte Europas auf dem Gebiet der noch jungen Disziplin der Schlachtfeld-Archäologie.

In der kommenden Woche soll es zudem Gespräche mit Lützens Bürgermeister Dirk Könnecke (parteilos) zu einer touristischen Nutzung des historisch bedeutsamen Ortes geben. Denkbar sei die Entstehung eines Informationszentrums für Schlachtfeld-Archäologie. "Man unterschätzt dramatisch, wie viele sich dafür interessieren", sagte Meller. Geplant sei zudem, den Verlauf der Linien der verfeindeten Truppen mit Fahnen sichtbar zu machen. Im nächsten Jahr sei geplant, in einer Wallenstein-Ausstellung in Zusammenarbeit mit Tschechien auch ausgewählte Funde der Öffentlichkeit zu zeigen, ergänzte Museumsmitarbeiter und Historiker Maik Reichel.