1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Weißenfels
  6. >
  7. Burgenlandkreis: Burgenlandkreis: Kupferklau blüht wie noch nie

Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Kupferklau blüht wie noch nie

Von KLAUS-DIETER KUNICK 01.06.2011, 18:57
Andreas Exler
Andreas Exler Hartmut Krimmer Lizenz

ZEITZ/MZ. - Der Burgenlandkreis war beim Diebstahl von Buntmetallen 2010 "Spitzenreiter" in Sachsen-Anhalt. Um den einzudämmen, bildete die Polizei Anfang März dieses Jahres eine Ermittlungsgruppe.

Und das mit Erfolg: So konnten vor wenigen Tagen in Weißenfels vier junge Leute im Alter von 19 bis 25 Jahren auf frischer Tat sowie zehn Einzeltäter festgenommen werden. In Zeitz hat die Polizei weitere 18 Diebe ermittelt. Außerdem sind die Beamten einer Gruppe auf der Spur. Die Aufklärungsrate liegt bei 45 Prozent. Wie Hans-Gerd Tschipang, Leiter Revierkriminaldienst beim Polizeirevier Burgenlandkreis, bestätigt, konnten ihnen mehr als 60 Straftaten aus der Vergangenheit nachgewiesen werden. Erst vor einigen Tagen wurde ein Weißenfelser (27) von einer Zeugin beobachtet, wie er ein Kupferfallrohr von der Dachentwässerung eines Wohnhaus in der Gustav-Adolf-Straße in Weißenfels entwenden wollte. Sie informierte sofort die Polizei, so dass der Mann auf frischer Tat gestellt werden konnte. Er wollte das Buntmetall bei einem Schrotthändler verkaufen. Angeblich habe er den Verkaufserlös benötigt, um die Praxisgebühr für die Behandlung seiner Drogenabhängigkeit bezahlen zu können. Es wurden zudem Diebe erwischt, die sich den Lebensunterhalt aufbessern. Zu ihnen gehören unter anderem ALG-II-Empfänger. Doch Tschipang warnt: "Werden die Täter ertappt, kann es für sie doppelt teuer werden. Denn wenn sie Geld von der Arge beziehen, wird das gekürzt."

Zeitz hat sich bei den Diebstählen als Schwerpunkt erwiesen. Dort wurden im vergangenen Jahr 167 Fälle registriert. In Weißenfels und im Umfeld gab es 60 Diebstähle, in der Region Naumburg waren es 47. Besonders arg betroffen war die Beermann Bohrtechnik GmbH in Zeitz, wie Niederlassungsleiter Henry Stuke berichtet. Dem Betrieb wurde kürzlich ein Bohrgestänge im Wert von 45 000 Euro auf einer Baustelle gestohlen. "Die schneiden das Zeug klein und bringen es zum Schrotthändler", ergänzt Stuke. Dem Treiben konnte und wollte das Unternehmen nicht länger tatenlos zuschauen: Auf dem Firmengelände wurden Alarmtechnik und Bewegungsmelder angebracht. Zusätzlich patrouilliert nachts und am Wochenende ein Sicherheitsdienst. "Auf meinem Handy läuft bei Alarm eine Meldung auf. Seit dieser Zeit haben wir im Unternehmen Ruhe."

Ähnlich schlechte Erfahrungen machte der Elektroinstallateur-Betrieb von Ralf Herrn aus Zeitz. Auf Baustellen verwende er, wo es machbar sei, nur noch Alu, nicht mehr Kupfer. "Die schneiden zwar trotzdem das Kabel durch, weil sie das nicht glauben, lassen dann aber die Finger davon, weil sie für Alu 20 Cent bekommen und für Kupfer fünf Euro je Kilogramm." Der Schaden belaufe sich für ihn dennoch auf einige hundert Euro. Herrn: "Dass sich an den Diebstählen je etwas ändert, daran glaube ich nun wirklich nicht." Schon deshalb nicht, weil nicht alle Schrotthändler sich die Adressen ihrer Lieferanten notieren.

"Wir tun das aber", sagt Andreas Exler, Betriebsleiter vom Schrottportal in Zeitz. Man sei zwar nicht per Gesetz verpflichtet, die Personalien aufzunehmen, tue es aber trotzdem. Außerdem unterschreibe der Kunde, dass das Material sein Eigentum sei und nicht aus einer strafbaren Handlung stamme. "Wir agieren bundesweit. Wenn sich herumspricht, dass wir Diebesgut aufkaufen, wäre das verheerend. Denn hier steht unser guter Ruf auf dem Spiel."

Gerade beim Kupferdiebstahl handle es sich in erster Linie um Beschaffungskriminalität, ist sich Exler sicher. Das seien für ihn die sogenannten "Rucksack-Touristen". Andererseits: Regelmäßig komme aus Teuchern ein Mann mit einem Handwagen, der sich Schrott zusammensucht, um sich über Wasser zu halten "Den kann ich doch nicht unter Diebstahlverdacht stellen." Und auch zig Firmen würden nicht verwendetes Material bringen. Außerdem stehe niemandem auf der Stirn geschrieben, dass er geklaut habe. Wenn Wasserhähne gestohlen werden, dann bringen die doch nicht alle auf einmal zum Händler, "die sind doch nicht blöd." Das gestohlene Material werde oft nicht sofort zum Schrotthändler geschafft, sondern zwischengelagert.

Mitunter verkaufen es die Diebe in Sachsen und in Thüringen. Bei etlichen Schrotthändlern gibt es aber auch Grenzen: "Gully-Deckel nehmen wir nicht an, die können nur von einem Diebstahl herrühren", erklärt ein Weißenfelser Schrotthändler, der seinen Namen nicht nennen will. Natürlich kenne er seine Pappenheimer. Aber Geschäft sei nun mal Geschäft, er könne niemandem den Diebstahl nachweisen, was ein Schrotthändler in Naumburg bestätigt. Dass der Buntmetalldiebstahl nicht in den Griff zu bekommen sei, liege seiner Meinung nach auch an den Strafen. "Ich war selbst bei einer Gerichtsverhandlung in Naumburg dabei. Der Dieb versprach dem Richter, es nie wieder zu tun. Für seine Missetaten bekam der Mann ein paar Stunden gesellschaftliche Arbeit aufgebrummt. Das ist lächerlich."