Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Grotesker Krimi in der Schenke
GOSECK/MZ. - Der Mann träumt viel von Babylon. Das muss er auch, denn die Mutter nennt ihn am Telefon den Mörder seines Vaters, weil sein Ball, den er als Vierjähriger auf die Straße rollen ließ, Grund für dessen Tod war. Clark zieht sich in seine Scheinwelt zurück, vergisst den Alltag aber so sehr, dass er mittellos dahinvegetiert. Doch dann gibt es den Auftrag seines Lebens, nur dass er am Ende nicht das erhoffte Geld, sondern eine tote Prostituierte in seinem Kühlschrank hat, die er aus dem Leichenschauhaus entwendete. Die Lesung lebt vom Wortwitz und der Mimik Gutzeits.
Dieser hatte zuletzt bei der Liedertour im vergangenen August in Goseck Kostproben seines Könnens abgegeben. Denn auch seine Songs und die Moderation zwischendurch leben vom hintergründigen Humor. Dabei lässt sich der 39-jährige Wuppertaler ungern in eine Schublade pressen, wenngleich er sagt, dass sich manches - wie jetzt seine Lesungen - zu verselbstständigen scheint.
Er hatte Klavierunterricht als Kind, machte Ballett wie seine Schwester. "Mir kam es immer auf den künstlerischen Ausdruck an, egal in welcher Form", sagt er. Er fügt hinzu: "Ich wollte aber immer auf die Bühne." Mit was, das war ihm letztlich egal. Gutzeit leitete eine Mimen-Gruppe, schlüpfte sogar in Frauenkleider und machte Vollplaybacktheater, wofür er 1997 sogar den Bergischen Kabarett- und Satirepreis einheimste. Vier Jahre zuvor hatte er seine erste Platte eingespielt. "Das war einfach, um den Enkeln mal sagen zu können: Opa hat auch eine CD gemacht." Während eines Jahres in Amerika hatte er zudem Schauspielunterricht. Das kommt ihm bei den Lesungen zugute, wenn er stets in neue Rollen schlüpft.
Gutzeit kennt den Autor des Buches "Von Babylon träumen", Richard Brautigan, lange. Als er dann in der Schweiz in neuer Übersetzung erschien, nahm der Wuppertaler Verbindung auf und stellt nun das Hörbuch mit viel Theatralik und quietschenden Reifen aus dem Recorder vor. Inzwischen hat er das Stück Dutzende Male gelesen, sogar beim Gießener Krimi-Festival. Die Leute wussten, was sie bei Gutzeit erwartet: Eine Groteske auf alle Klischees des Genres.
Der 39-Jährige macht dabei seinem Sternzeichen alle Ehre, sagt man den Steinböcken doch Ehrgeiz und Konsequenz nach. Im nächsten Atemzug aber gibt er sich vorsichtig. Denn auch ein Songprogramm soll demnächst auf einer Live-DVD aufgenommen werden. Dann wird man Gutzeit in einem anderen Metier erleben: mit gnadenlos ehrlichen, autobiografischen und authentischen Texten, aber wieder mit sehr viel Witz.