Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Ein Eimer, eine Lösung
ZEITZ/MZ. - Scham, sich aus dem öffentlichen Leben zurück ziehen, die Lebensfreude verlieren, sogar die eigene Familie ausschließen - das alles ist keine Seltenheit, wenn Männer an Prostatakrebs erkranken und infolge dessen unter kurzzeitiger oder gar dauerhafter Harninkontinenz leiden. Ein heikles und immer noch sehr tabuisiertes Thema, das weiß Günther Model aus Gera und dennoch sucht er gerade damit den Weg in die Öffentlichkeit.
Bundesweite Aktion unterstützen
Model ist Vorsitzender der Selbsthilfegruppe Prostatakrebs Gera und Umgebung, in der 35 eingetragene Mitglieder aus dem Thüringer Raum und dem Burgenlandkreis organisiert sind. Gemeinsam mit seinem Stellvertreter Günter Stefanoswki hat es sich Model auf die Fahne geschrieben, in Thüringen und Sachsen-Anhalt eine deutschlandweite Aktion des Bundesverbandes Prostatakrebs Selbsthilfe (BPS) zu unterstützen. Diese möchte erreichen, dass Hygienegefäße, so wie sie auf Damentoiletten gang und gäbe sind, auch auf Herrentoiletten aufgestellt werden. Denn Männer, die an Harninkontinenz leiden, müssen Vorlagen tragen, und diese, wenn sie feucht sind, auch irgendwo entsorgen können. Doch genau da ist das Problem, weiß Model: "Es ist haarsträubend, wenn man sich in der Öffentlichkeit bewegt und nicht weiß wohin mit der Vorlage."
Denn auf den meisten Herrentoiletten gibt es nur am Waschbecken einen Mülleimer für die Papierhandtücher. Und die Vorlage dorthin zu tragen, wenn sich vielleicht gerade ein anderer die Hände wäscht - eine Zumutung. Die Folge ist, viele Betroffene ziehen sich aus der Öffentlichkeit zurück, gehen gar nicht mehr raus, igeln sich ein.
Ein Problem, das viele Männer betrifft. Allein Prostatakrebs wird laut dem BPS jedes Jahr bei 62 000 bis 64 000 Männern diagnostiziert. Zwar leiden nicht automatisch alle von ihnen dann auch an Harninkontinenz, aber eben doch ein beachtlicher Teil. Hinzu kommen diejenigen, die altersbedingt an der Krankheit leiden. Zwischen 1,5 bis zwei Millionen Männer werden in Deutschland insgesamt deswegen auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung medizinisch betreut, die Dunkelziffer wird auf bis zu vier Millionen geschätzt.
Städte unterstützen Aktion
Mit seiner Aktion will der Bundesverband das Thema aus der Tabuzone holen und allen Betroffenen Mut machen. Angesprochen mitzumachen und die Hygienebehälter aufzustellen ist jeder, der eine sanitäre Einrichtung für seine Kunden bereitstellt, auch Personaltoiletten sollten bedacht werden, der gastronomische und Hotelbereich ebenso wie Autobahnraststätten, öffentliche Einrichtungen und so weiter.
Die Zeitzer Zeitung wollte daraufhin wissen, wie es in den öffentlichen Toiletten der drei großen Städte Zeitz, Weißenfels und Naumburg aussieht und ob man dort die Aktion unterstützen würde. "Das ist kein Problem, wir werden in nächster Zeit einen solchen Hygienebehälter in der öffentlichen Toilette am Gewandhaus aufstellen", sagt der Zeitzer Pressesprecher Sebastian Nicolai als Reaktion auf die MZ-Nachfrage.
Auch in der Stadt Weißenfels will man das Vorhaben unterstützen. Für die verpachtete Toilette am Markt will die Stadt einen solchen Behälter anschaffen. Außerdem habe man mit dem Citymanager gesprochen, er wolle das Thema in das nächste Treffen des Stadtmarketingvereines mitnehmen, denn dort sind auch viele Gastronomen vertreten, heißt es von Ulrike Hoffmann aus der Stadtverwaltung Weißenfels. Von der unbürokratischen Unterstützung des Projektes ist Günther Model begeistert: "Da freue ich mich sehr darüber und werde das auch beim Bundesverband in der Projektgruppe bekannt geben."
Bis Redaktionsschluss war bei der Stadt Naumburg in der Pressestelle niemand zu erreichen, auch eine E-Mail-Anfrage blieb unbeantwortet.