Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Das verzwickte Erbe
Weissenfels/MZ. - Eine trauernde Schar an Leuten sitzt um einen Notar. Der öffnet mit hochwichtiger Miene einen Briefumschlag, nimmt daraus einen Bogen Papier und liest vor. Alsbald kreischt ein Zuhörer, eine Frau kippt in Ohnmacht. "So spielen sich Testamentseröffnungen im Film ab", erklärt Lutz Teetzen, Rechtspfleger am Amtsgericht Weißenfels, kichert und meint : "Testamentseröffnungen sind eine stinknormale, ruhige Angelegenheit." Er muss es wissen, hat er sich doch vor vielen Jahren auf dieses Spezialgebiet des Erbrechtes begeben.
Ja, wie geht es nun wirklich? "Vom Einwohnermeldeamt bekomme ich die Nachricht, das XYZ verstorben ist. Dann sehe ich nach, ob an unserem Amtsgericht ein Testament hinterlegt worden ist." Exklusiv für die MZ öffnet er dafür das sozusagen "Heiligste" im Gerichtsgebäude. Wie heilig dieser Ort ist, macht deutlich, dass Teetzen dorthin nie, niemals allein geht. Geschäftsstellenleiterin Antje Knothe begleitet ihn. Beide haben zu der Tür, hinter der sich die Testamente befinden, einen Schlüssel. Beide müssen schließen. Dann wird, wie bei einem Tresor eine messing-glänzende Kurbel gedreht. Antje Knothe hat schon etwas Mühe, die dicke und echt schwere Tür, in der ein gutes Dutzend Bolzen stecken, zu öffnen. Dahinter ist pure Nüchternheit. Noch eine Tür wird geöffnet - hier befinden sich dutzende Kästen, darin tausende gelblich braune Dokumente. Jedes ist versiegelt. Die ältesten stammen aus den 1940er Jahren. Die Verfasser müssten demnach jetzt vielleicht 90 Jahre alt sein. Teetzen nickt. "Wenn sie bei Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ihr Testament gemacht haben, kommt das hin."
In diesem sorgsam gesicherten Raum werden die Testamente also über Jahrzehnte verwahrt, bis dann schließlich ihr Siegel gebrochen wird. "Dann stellen wir fest, ob die gesetzliche Erbfolge eingehalten wurde und benachrichtigen die Hinterbliebenen", erklärt der Rechtspfleger. Manchmal müsse er in seinem Arbeitszimmer schon schmunzeln, wenn er ein Testament liest. "Da war mal ein Verstorbener, der es offensichtlich für ein großes Geschenk hielt, einem ihm sehr wichtigen Menschen seine Pkw-Anmeldung aus DDR-Zeiten zu vermachen", erzählt er.
Wie das so geht mit der verzwickten Erbfolge, wird der Rechtspfleger am Dienstag ab 13 Uhr zum Tag der offenen Tür aus Anlass des hundertjährigen Bestehens der Einrichtung erklären. Da fallen dann Begriffe wie Erbe erster und zweiter Ordnung, Pflichtteil und Stammbaum. Teetzen fummelt ganz schnell alles auseinander und gibt den Gästen am Dienstag auch alles schwarz auf weiß auf einer kleinen Urkunde mit in die Hand. Übrigens haben etwa 80 Prozent der Deutschen kein Testament.