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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Chef schwärmt von Badeofen im Gründerzeit-Haus

Von Holger Zimmer 02.03.2012, 16:55

Reichardtswerben/MZ. - Karsten Uhle ist hier aufgewachsen und war in jungen Jahren auch für manchen Streich zu haben. Heute sagt der 49-Jährige: "Ich bin gern ein Reichardtswerbener." Er schwärmt aber auch vom Südfeldsee, der nur ein paar Steinwürfe von seinem Haus entfernt liegt, und ebenso von seinem großen Garten. Vom Teich mit einer Burg mittendrin, von Wasserspielen und einer kleinen Grotte - immer hat er selbst Hand angelegt und die gestalterischen Vorstellungen seiner Frau Simone umgesetzt. Gemeinsam haben sie nun angestoßen auf das 20. Betriebsjubiläum ihrer Heizungs- und Sanitärfirma.

Gas- und Wasserinstallateur hatte er bei der Weißenfelser Produktionsgenossenschaft des Handwerks gelernt. Noch in DDR-Zeiten qualifizierte er sich zum Meister und arbeitete nach der Wende bei einem Bekannten in der Firma mit. Doch weil er seine Vorstellungen von Betriebsführung umsetzen wollte, entschied er sich dann dafür, sein eigenes Unternehmen zu gründen. "Diese Entscheidung hat mir und meiner Frau einige schlaflose Nächte bereitet." Immerhin hatte er plötzlich selbst die Verantwortung zu tragen. Doch alles lief mit zunächst vier Beschäftigten besser als erwartet, auch weil er natürlich in seinem Heimatort bekannt war und bei vielen Reichardtswerbenern schon gearbeitet hatte. Sie investierten seinerzeit außerdem sehr häufig in neue Heizungen und Bäder.

Zwischenzeitlich hatte Uhle 15 Beschäftigte. Das begründet er vor allem damit, dass es im großen Stil Blöcke von Wohnungsunternehmen zu sanieren galt. Die Firma war in Weißenfels tätig, aber ebenfalls in Leipzig. Und dort waren die Fachleute von der Saale in ganz anderer Weise gefordert, wurden doch im großen Stil 100 Jahre alte Gründerzeithäuser auf Vordermann gebracht. Glich sich in den DDR-Standardblöcken vom Platz für die Badewanne über die Rohrlängen bis zu den notwendigen Handgriffen alles, war plötzlich Kreativität gefragt. Bäder entstanden zum Beispiel mit einer Superwanne mitten im Raum. Einen Goldbarrenfund, wie er kürzlich in der Zeitung vermeldet wurde, hätten seine Leute in den Altbauten zwar nicht gemacht, aber wenn Karsten Uhle von einem uralten Kupferbadeofen spricht, der in einer Wohnung stand, ist er noch immer begeistert. Doch leider sei der schon vergeben gewesen.

Der Firmenchef gibt zu, dass es eher Zufall gewesen ist, dass er Klempner wurde und das anfangs nicht mal sein Traumberuf war. Der wurde es erst im Laufe der Zeit. Als er eine Lehrstelle suchte, bewarb er sich auf Empfehlung eines Cousins, wäre aber fast nicht angenommen worden. Denn dass einer mit einem Zeugnis mit Auszeichung einen Handwerkerberuf erlernen wollte, kam seinerzeit eher selten vor. Uhle räumt ein, dass er gern etwas mit Fremdsprachen gemacht hätte, doch fand er es dann doch besser, in der Praxis zu arbeiten und nicht in einem Büro zu sitzen.

Seinem Faible für Sprachen kann er heute aber bei Reisen ins Ausland frönen. Da steht Italien ganz oben auf der Liste und auch in Frankreich kann er sich verständlich machen. Allerdings nicht ganz so gut wie auf Englisch.

Längst ist die Firma etabliert und Karsten Uhle betont, dass ihm die Kunden treu geblieben sind, weil er für sie selbst in Zeiten der Großaufträge da war. Auch sei er weitgehend von schlechter Zahlungsmoral verschont geblieben. Dennoch habe es in Krisenzeiten Tiefpunkte gegeben, sei es besonders schwer gewesen, Leute zu entlassen. Der Reichardtswerbener räumt ein, dass er zwischenzeitlich mal ans Aufhören gedacht hat. Das allerdings hatte weniger mit der wirtschaftlichen Situation zu tun, als damit, fast rund um die Uhr die Firma am Laufen halten zu müssen. Für die Familie war kaum noch Zeit. Doch inzwischen arbeitet man wieder zu dritt und greift auch mal auf Leiharbeiter zurück.

Zeit hat Uhle inzwischen wieder etwas mehr, weil er Ende 2011 als Ortschaftsrat zurückgetreten ist. Über ein anderthalbes Jahrzehnt hat er sich für sein Dorf eingesetzt, war sogar stellvertretender Bürgermeister und hat manches mit auf den Weg gebracht. "Doch letztlich ist mit der Eingemeindung nach Weißenfels eingetreten, was wir immer befürchtet hatten. Die Prioritäten haben sich in Richtung Saalestadt verschoben." Und Uhle verweist als Beispiel auf gestrichene örtliche Bauplätze. Die Abgeordneten fühlen sich mit ihrer Meinung ignoriert und der 49-Jährige sagt: "Da kann ich meine Zeit einfach sinnvoller verbringen." Selbst wenn er eher skeptisch ist, was die Zukunft des Dorfes angeht, Rei-chardtswerbener bleibt er dennoch mit Leib und Seele.