Bestatter mit unbezahlten Rechnungen
WEISSENFELS/ZEITZ/MZ. - "Die Hinterbliebenen reichen die erforderlichen Papiere einfach nicht ein. Dadurch werden meine Rechnungen nicht bearbeitet und ich bleibe auf den Kosten sitzen. So komme ich in Kalamitäten, die ich nicht verschuldet habe." Auch Uwe Gerhardt hat die Nase gestrichen voll. Auf seinem Schreibtisch im Bestattungsunternehmen Antea in Zeitz häufen sich die nicht bezahlten Rechnungen für Sozialbestattungen. "Hier", sagt der 47-Jährige und zeigt auf ein Blatt, "das ist ein Sterbefall vom 23. Juni des vergangenen Jahres. Noch heute warte ich auf die 1 500 Euro."
Im Fall einer Sozialbestattung schießen die Bestattungsinstitute die Kosten für die Beerdigung vor. Die Hinterbliebenen müssen dann beim Sozialamt die Bedürftigkeit nachweisen. Danach erst bekommt das Beerdigungsinstitut das Geld zurück. "Und das dauert beim Sozialamt des Burgenlandkreises im Durchschnitt ein Dreivierteljahr", sagt Gerhardt und spricht für die Branche, in der etwa 75 Mitgliedsbetriebe integriert sind. "Alle klagen. Mit Recht, denn solche Außenstände können ein kleines Unternehmen schon kaputt machen. Früher hatte ich etwa zwei Sozialbestattungen im Monat", rechnet Gerhardt, der seit 19 Jahren das Unternehmen leitet, elf Mitarbeiter beschäftigt und auch ausbildet.
Heute verzeichnet er rund zehn Bestattungen für sozial Bedürftige im Monat. "Es ist schon unglaublich, wie viele Menschen heutzutage allein und verarmt aus dem Leben gehen. Es liegt in der Innungsehre, dass wir uns um alle Toten kümmern, egal, ob reich oder arm. Wir möchten die Aufträge und bekommen aber das Geld viel zu spät dafür. Wir sitzen in der Klemme."
Das bestätigt auch Martina Marx, die das Bestattungsunternehmen Handrick in Weißenfels leitet. "In der Tat dauert es mehrere Monate. In einem Fall habe ich über ein Jahr auf das Geld gewartet." Im vergangenen Jahr kümmerte sie sich um rund 120 Erd-, Feuer- und Seebestattungen. "Etwa 15 Prozent waren Sozialbestattungen" sagt sie. Auch im Weißenfelser Institut "My Way" werden Außenstände vom Sozialamt beklagt. Meist würden die Rechnungen erst nach drei bis vier Monaten beglichen.
Innungsobermeister Wolfgang Ruland kennt das Problem. "Die Anzahl der Sozialbestattungen hat sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt. Wir gehen in der Innung davon aus, dass jede 20. Beerdigung eine Sozialbestattung ist." Beerdigungsinstitute seien bislang aufgrund der ausbleibenden Rückerstattung zwar noch nicht in die Insolvenz gegangen, "aber es geht an die Substanz". Ruland geht davon aus, dass die Sozialämter, die die Anträge auf eine Sozialbestattung prüfen und schließlich die Kosten ausreichen, hoffnungslos überlastet sind. Zur langen Bearbeitung der Unterlagen komme erschwerend hinzu, dass jeder Landkreis in Sachsen-Anhalt die Kosten für eine Sozialbestattung anders einstufe. "Für manche Sozialämter gehören Blumen, ein Redner, der Grabstein oder eine Anzeige nicht zu einer Sozialbestattung. Sie werden aus der Rechnung rausgerechnet und der Bestatter bleibt auf den Kosten sitzen." "Hier gehören klare Richtlinie für alle Landkreise her", sagt er.
Dafür spricht sich auch Heidrun Bosse, Sachgebietsleiterin beim Sozialamt des Burgenlandkreises, aus. "In der Tat liegen die Anträge auf Sozialbestattungen sehr lange. Zwei Mitarbeiterinnen kämpfen sich hier durch", bestätigt sie. Im Vorjahr gingen 193 Fälle ein. Derzeit seien 52 bewilligt und fünf abgelehnt. Ausgereicht wurden 65 537 Euro. In diesem Jahr stehen 85 000 Euro für das Begleichen der Rechnungen von Sozialbestattungen im Haushalt des Kreises.
Insgesamt handele es sich um eine "komplizierte Rechtslage", so Bosse. Unterschiedliche Berechnungsgrundlagen der Bestattungsinstitute für eine Sozialbestattung kommen hinzu. Hier gebe es Unterschiede von 900 bis 2 100 Euro für eine solche Beerdigung. "Wir arbeiten an einem einheitlichen Reglement. Den rechtlichen Rahmen müssen wir jedoch vom Bund bekommen", so Bosse.
Auch Bestatter Präkels sieht nicht nur die Sozialämter in der Pflicht, eine schnellere Gangart bei der Bearbeitung der Anträge einzulegen. "Es muss eine rechtliche Handhabe her, damit die Hinterbliebenen gezwungen werden, ihrer Mitwirkungspflicht nachzukommen, wenn es sein muss, per Pfändung." Zur Lösung des Problems kann sich der Innungsobermeister vorstellen, dass die Institute die Kosten über ein Darlehen vom Kreis bekommen. Diesen Vorschlag will er im September im Sozialministerium unterbreiten. Holger Paech, Pressesprecher des Ministeriums, ist informiert, aber nicht überzeugt, dass das Land eine Richtlinie für Sozialbestattungen benötigt. "Das muss vor Ort geklärt werden."