Bandit bringt den Richter zur Arbeit
Weißenfels/MZ. - Die mündliche Verhandlung hat nicht viel Neues gebracht. Schon im schriftlichen Vorverfahren hat sich Burkhard Baatz sein Urteil gebildet. Die Verhandlung hat die grundsätzlichen Aussagen bestätigt. Bis er das Urteil aber zwei Wochen nach der mündlichen Verhandlung schriftlich verkündet, wird er die Argumente für und wider zur Bestimmung der Details noch einmal abwägen. Dabei steht eines fest: Der Beklagte muss die Räume verlassen, die ihm seit 22 Jahren ohne Mietvertrag Zuhause waren, jetzt aber von den Hausbesitzern eingefordert werden. Die Leihe kann einseitig beendet werden. Offen ist noch, ob ihm, wie zuletzt von seinem Vertreter in der mündlichen Verhandlung beantragt, eine Kündigungsfrist einzuräumen ist. Auch die genaue Höhe der finanziellen Forderungen ist unklar.
"Es sind teilweise recht einseitige Streitigkeiten", beurteilt Burkhard Baatz die Fälle, die ihn erreichen. Seit 16 Jahren sammelt der 45-Jährige auf den verschiedenen Rechtsgebieten in Gerichten Berufserfahrungen. Seine erste Richterstelle trat er 1992 in Halle an. In Weißenfels ist er seit Februar 1993. "Das Zivilrecht sagt mir am meisten zu", schätzt er ein. Da stünden sich zwei mündige Prozessparteien gegenüber und er müsse als Richter über den Einzelfall anhand der Gesetze und Normen entscheiden.
Fast drei Viertel der im Weißenfelser Amtsgericht zu bearbeitenden Fälle des Zivilrechts gehen über seinen Tisch. Diese betreffen zum Beispiel Handwerkerrechnungen, Mieten und Forderungen nach Verkehrsunfällen. "Es zahlt irgendjemand nicht", beschreibt Baatz die Mehrzahl der Fälle.
Sein Schreibtisch steht oben unterm Dach des altehrwürdigen Gerichtsgebäudes. Und so, als wolle er kundtun, dass vor die den Staub von Jahrzehnten tragenden Wände kein Computer passt, hat Burkhard Baatz darauf keinen Computer stehen. Ihm reichen diese Geräte in der Geschäftsstelle Zivilrecht eine Etage tiefer. Die Mitarbeiterinnen dort halten den Richter auch von Störungen durch das Telefon fern, wenn er sich in seine Akten vertiefen muss.
Baatz nutzt an Technik vor allem das Diktiergerät. Konzentriert spricht er gleich im Gerichtssaal die Zusammenfassung der mündlichen Verhandlung darauf und vergisst auch nicht, die Kommata zu setzen. "Sparüberlegungen in der Justiz haben diese Möglichkeit der Protokollführung hervorgebracht und ich erkenne darin auch Vorteile für mich", sagt er mit Blick auf seine auffallend kurzen mündlichen Verhandlungen. Der Richter terminiert sie mittwochs ab 11 Uhr oft im Viertelstundentakt. Die Hauptarbeit könne von allen Beteiligten schon im schriftlichen Vorverfahren geleistet werden, meint er. Er rät allen, die Post vom Gericht im Briefkasten finden, diese ganz genau zu lesen und zu reagieren, um seine Interessen schon im Vorverfahren wahrnehmen zu können.
Wenn Baatz den Verhandlungssaal betritt, ist die Robe Ausdruck seines Richterdaseins. Im Büro gibt er sich dann als Familienvater zu erkennen. Drei kleine Jungen sind auf einem Foto zu sehen. Und am Schreibtisch sitzt nicht mehr der Mann in leichtem schwarzen Stoff, sondern einer in festen Stiefeln, schwarzer Lederhosen, blau-weiß kariertem Hemd, rot-weiß gestreiften Hosenträgern. Die Lederjacke hängt am Haken, ein Helm liegt auf dem Schrank.
Die Kluft braucht Baatz auf der Fahrt zur und von der Arbeit. Dafür nämlich schwingt er sich auf ein Motorrad und nimmt gern die Strecke über die Autobahn, um sich vom Fahrtwind den Kopf freipusten zu lassen. Hier brennt sein Herz für die Technik, mehr noch, auch für starke Banditen. Er sitzt auf einer Suzuki Bandit 1 200 und bleibt so dicht am Strafrecht dran.