Baby mit Alkohol im Blut geboren Baby mit Alkohol im Blut geboren: Verhalten vieler Mütter beunruhigt Naumburger Chefärztin

Naumburg/MZ - Zwar hält der deutsche Wortschatz die Redewendung „sich Mut antrinken“ parat, doch ein guter Rat ist dies vor Prüfungen oder schweren Aufgaben selten. Im Gegenteil: Es kann hochgefährlich sein. So wie bei der Frau, die kürzlich im Naumburger Krankenhaus ein Kind auf die Welt gebracht hat. Hatte sie doch während der Geburt eine stark besorgniserregende Alkoholkonzentration im Blut. Und nicht nur sie: Da der Alkohol im Mutterleib 1:1 an das Ungeborene weitergegeben wird, wurde auch bei dem Baby kurz nach der Geburt ein schier unbegreiflicher Promillewert gemessen. Details dazu konnte und wollte das Klinikum Burgenlandkreis mit Berufung auf ärztliche Schweigepflicht und Datenschutz jedoch nicht mitteilen.
Trauriger Alltag
Allerdings äußerte Chefärztin Christel Franz-Stannigel ganz allgemein ihre Besorgnis über das Verhalten vieler Mütter während der Schwangerschaft. Zwar sei eine stark alkoholisierte Mutter bei der Geburt sehr selten, die Beobachtung des Missbrauchs sogenannter psychotroper Substanzen wie Alkohol, Nikotin und Amphetamine trotz des Babybauchs gehört jedoch für die Angestellten des Naumburger Krankenhauses zum traurigen Alltag. Kinder, die während der Schwangerschaft Drogen über die Nabelschnur aufgenommen haben, müssen nach der Geburt bei einem Entzug begleitet werden. Im Fall von Alkohol geschieht dies mit milden Beruhigungsmitteln. Bei härteren Rauschgiften werden sogar Drogen wie etwa Morphine eingesetzt. Verantwortlich für die besorgniserregend hohe Zahl trinkender Mütter sei bei einem Teil die Alkoholsucht, aber auch das fehlende Bewusstsein, dass jeder Tropfen Alkohol für das Baby schädlich ist, erklärt Franz-Stannigel. Auffällig sei, dass das Gebiet der „Sozialen Pädiatrie“ immer größer werde.
Hebammen übernehmen Aufgaben von Müttern und Großmüttern
Dabei müssten die Hebammen viele Aufgaben übernehmen, die sonst von den Müttern oder Großmüttern zu leisten sind. Zwar gibt es dazu keine Statistik, aber „die Zahl der Mütter aus sozial schwächeren Familien, die jung, alleinerziehend und mit wechselnden Partnern Kinder bekommen, steigt“, ist sich die Ärztin sicher. Und weiter: „Diesen Müttern fehlt oft die Feinfühligkeit, die Bedürfnisse ihres Kindes zu erkennen.“ Jedoch wolle sie als Ärztin stets helfen und Vorverurteilungen vermeiden. Dennoch gebe es Entlassungen aus der Klinik, bei der sie ein schlechtes Gefühl habe, gibt sie zu. Der beinahe tägliche Kontakt ihrer Station zum Jugendamt des Burgenlandkreises sei gut. Auch den eingangs erwähnten Fall habe man selbstverständlich dem Amt mitgeteilt.
Immer stärker ausgebaute Netzwerke
Doch natürlich schätzt auch die Naumburger Kinderärztin die Entscheidung, ob ein Kind zwanghaft aus den Händen von überforderten Eltern genommen werden sollte, als sehr schwierig ein. „Ständig wechselnde Bezugspersonen sind für Kinder Gift. Deswegen ist auch ein Kinderheim mit Dreischicht-System keine gute Lösung.“ Wenn das Kind seelisch und körperlich in Gefahr ist, sei die Unterbringung bei Pflegeeltern die beste Möglichkeit. „Leider gibt es davon aber viel zu wenige“, meint Christel Franz-Stannigel. Was ihr Mut macht, sind die vielen Angebote von sozialen Einrichtungen und die immer stärker ausgebauten Netzwerke, die Müttern mittlerweile mit Informationen und Ratschlägen zur Verfügung stehen.

