Ausstellung Ausstellung: Amtsgericht Weißenfels erinnert an NS-Zeit
WEISSENFELS/MZ. - Auf den extra für Weißenfels entstandenen Tafeln wird die rassistische und religiöse Verfolgung am Schicksal von Emma Murr konkretisiert.
Die jüdische Witwe des 1932 verstorbenen Schuhfabrikbesitzers Friedrich Murr musste sich im April 1940 sowohl vor dem Amtsgericht Weißenfels als auch vor dem Landgericht Naumburg wegen Nichtbefolgung des Kennkartenzwangs, versuchten Betrugs und wegen "Rassenschande" verantworten. Einen Tag nach der Verbüßung ihrer mehrmonatigen Gefängnisstrafe nahm die Gestapo Emma Murr erneut in Schutzhaft und überstellte sie später in das KZ Ravensbrück. Im Zuge der planmäßigen Tötung von KZ-Häftlingen in "Euthanasie"-Anstalten wurde Murr im Frühjahr 1942 in Bernburg ermordet. Auch die Schwester Selma Fiedler und Sohn Rudolf Murr überlebten die NS-Zeit nicht.
Solche Schicksale bewegen. Unter dem Schriftzug "Recht muss Recht bleiben", der damals wie heute im Fenster des Amtsgerichts Weißenfels zu lesen ist, begann das Ende von Emma Murr. "Es steigt ein seltsam unangenehmes Gefühl auf, wenn man sich als Richter bewusst macht, dass auf dem gleichen Stuhl, wo man heute Recht spricht, damals Richter so etwas zugelassen haben", sagt Michael Koch, Direktor des Weißenfelser Amtsgericht. Deswegen hat er sich selbst Persönlichkeiten aus dieser Zeit gewidmet, so mit dem Obersten Ankläger Hermann Hahn befasst und mit dem Präsidenten des Oberlandesgerichts Naumburg Paul Sattelmacher, der nicht widerstandslos den Nazis folgte.
Er öffnete nun sein Haus der Ausstellung, die ihren Ursprung in Wolfenbüttel hatte, dank der Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte "Roter Ochse" in Halle aber das sachsen-anhaltische Gesicht bekam. Denn aus der Zeit, die sie bereits einmal in Naumburg zu sehen war, weiß er um ihren Wert zur Aufklärung über die NS-Verbrechen beizutragen. In den Händen des NS-Staates war das Recht ein Instrument zur Verfolgung und Vernichtung georden. "Viele haben mitgemacht, viele weggeguckt, wenig dagegen gearbeitet", sagt Koch.
Ganz besonders Jugendliche möchte er mit der Ausstellung erreichen, damit sie sehen, was passieren kann, wenn die Justiz nicht stark genug ist, dem "Oben" gegenzuhalten, wie er sagte. Und dafür trafen sich das Interesse des Goethegymnasiums mit dem Projekt "Schüler führen Schüler". So meldeten sich Gymnasiasten, die bereit sind, Gruppen durch die Ausstellung zu führen. Am Donnerstag wurden sie von Michael Viebig vom "Roten Ochsen" mit der Schau vertraut gemacht und haben sich für die Führungen schulen lassen.
Nun erwarten Viebig und seine Partner - vom Ministerium über die Gedenkststättenstiftung und die Landeszentrale für politische Bildung bis hin zur Heinrich-Böll- und Friedrich-Ebert-Stiftung sowie den Unterstützern vor Ort - nur noch, dass viele die Öffnungszeiten des Gerichts nutzen, sich die Ausstellung anzusehen. Bis zum 1. Februar wird sie in Weißenfels stehen.
Öffnungszeiten sind montags, mittwochs, donnerstags 9 bis 15 Uhr, dienstags 9 bis 17 Uhr, freitags 9 bis 13 Uhr. Vereinbarung von Führungen unter Tel. 03443 / 38 42 19 und 38 42 06 .