Architekturvision in Weißenfels Architekturvision in Weißenfels: Kino soll Stadtbibliothek werden

Weißenfels - Auf dem Papier und als Modell existiert sie schon - die neue und vor allem dringend größer benötigte Stadtbibliothek für Weißenfels. Davon konnten sich Mitglieder des Kulturausschusses der Stadt während ihrer jüngsten Sitzung überzeugen. Eine 26-jährige Weißenfelserin stellte die Ergebnisse ihrer Diplomarbeit unter dem Thema „Vom Lichtspieltheater zur Stadtbibliothek“ vor.
Von einem multifunktionalen Saal, dem früheren Gloria-Kinosaal, in dem man sich im Erdgeschoss trifft und verschiedenste Medien nutzt, ist da die Rede. Regale auf Schienen sind verschiebbar, so dass auf geräumigerer Fläche, aber auch auf kleinerem Raum - je nach Nutzung, tagsüber und abends - Ausstellungen, Konzerte und Lesungen möglich sind.
So stellt sich Lisa Piontek eine moderne Stadtbibliothek und soziale Stätte der Begegnung vor, zu der neben Verwaltungs-, Garderoben- und Haustechnikräume auch Bücherautomaten, Computerplätze, diverse Leseecken für Kinder- und Jugendliteratur, ein Lesegarten und Parkflächen gehören.
Lisa Pionteks Visionen, die alle Geschosse sowie das Außengelände einschließen, stießen bei den Stadträten und sachkundigen Einwohnern auf breite Zustimmung. Und natürlich kam sofort die Frage nach der Finanzierung samt Folgekosten und ob es nicht noch alternative Nutzungen zur Bibliothek gebe, weil die jetzige zwar aus den Nähten zu platzen drohe, doch als Kultur- und Bildungseinrichtung ein Zuschussgeschäft für die Stadt als Träger sei.
Kulturamtsleiter Robert Brückner bestätigte das und versicherte, dass dies selbstverständlich alles auf den Prüfstand kommen müsse. Brückner bezeichnete die Präsentation einschließlich Bestandsanalyse als „wunderbare Vision“ und machte klar, dass es sich um keine „Bücherei handele, in der man Bücher abgebe und wieder ausleihe.“ Zurzeit stünden für 40.000 Medien nur 300 Quadratmeter Fläche im Novalishaus in der Klosterstraße 24 zur Verfügung. Das sei alarmierend wenig Raum, laut Standardbestimmungen seien 1.200 Quadratmeter Fläche notwendig.
Lisa Piontek hatte sich mit ihrer Vision bewusst für den früheren Gloria-Filmpalast und dessen künftiger Nutzung auseinandergesetzt. „Das leerstehende Denkmal könnte mit behutsamen Eingriffen vor dem Verfall gerettet werden, das liegt mir sehr am Herzen“, erläuterte sie ihre Beweggründe, warum sie sich ausgerechnet das alte Kino als Thema für ihre Abschlussarbeit gewählt hat.
Damit beantwortete die Diplomingenieurin für Architektur, die fünf Jahre in Dresden studiert hat, gleichzeitig eine Frage der Kulturausschussvorsitzenden Gudrun Schulze (CDU/FDP-Fraktion). Sie verfolge mit Sorge, dass die Bibliothek im Novalishaus ihrer Heimatstadt seit Jahren mit Platznöten kämpfe, die eine Weiterentwicklung behindere, sagte die junge Frau.
Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos) hatte die Weißenfelserin noch während ihrer Studienzeit ermuntert, eine Machbarkeitsstudie zum Kino zu erarbeiten. „Es muss uns gelingen, für unsere Bibliothek in eine bessere Situation zu kommen“, hob Risch hervor. Angesichts des im Stil der „Neuen Sachlichkeit“ erbauten Glorias erhoffe er sich zum bevorstehenden 100-jährigen Bauhaus-Jubiläum Möglichkeiten für Fördermittel, um das Denkmal zu sanieren.
„Ich werde mich darum bemühen. So eine Einrichtung, die auf drei Ebenen Bibliothek, Kleinkunst und vielleicht auch Club-Kino vereint, wäre gut für Weißenfels“, sagte der Verwaltungschef. Vor Monaten hatte er in einem MZ-Gespräch von drei Millionen Euro Kosten gesprochen. (mz)


