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Altes Erzgebirge trifft auf Hundertwasser

Von YVETTE MEINHARDT 28.11.2008, 17:20

PLOTHA/MZ. - "Schon als Kind bastelte ich gerne, baute Flugzeuge und Schiffe aus Papier, doch dann ließ mir der berufliche Alltag, später Familie und Haus kaum Zeit", erzählt Böttcher. Seit er Rentner ist, lebt er das Hobby richtig aus. Die Zeugnisse davon stehen im Garten, originelle Vogelhäuser, mal mit Wetterfahne und mit mehreren Etagen, dann wieder auffallend bunt und mit Badehäuschen. "Bei der Farbwahl und Gestaltung hat mich Hundertwasser inspiriert", plaudert der Lehrer. Doch eigentlich hat er in diesen Tagen wirklich keine Zeit zum Schwatzen. Die etwa 2,50 Meter große Pyramide verlässt ihr Sommerquartier, wechselt ihren Platz mit den Pflanzen, die in der Wärme überwintern.

Böttcher rief seine Sportfreunde zusammen, um gemeinsam das Riesenteil im Vorgarten aufzubauen. Im Sommer errichtete er extra ein kleines Fundament mit Überdachung, damit das Kunstwerk vor Wind und Wetter geschützt ist. Mehr als zwei Jahre tüftelte er an der überdimensionalen Pyramide. "Irgendwann habe ich mal etwas Ähnliches im Erzgebirge gesehen, doch das gute Stück kostete mehrere Tausend Euro. Das war mir zu teuer. Und ich fasste den Entschluss, etwas Eigenes zu konstruieren", erzählt Böttcher weiter. Eine alte Pyramide diente als Vorlage. "Die Schwierigkeit war allerdings, die Motorleistung von 1 000 Umdrehungen auf die notwendigen zehn Umdrehungen zu reduzieren", erklärt der Mann aus Plotha. Die Lösung entwarf er selbst, fertigte aus Spanplatten einen Antrieb für Keilriemen. "Jetzt dreht sich die Pyramide wie ein Schweizer Uhrwerk", sagt er stolz. Unmöglich sei es, die vielen Arbeitsstunden zu zählen. Engel mit Trompeten, Hirte mit Schafen, die Heiligen drei Könige und vieles mehr entstanden in liebevoller Kleinarbeit. Nimmt man beispielsweise mal den Esel, so wurden Kopf, Rumpf, Beine, Ohren und Gepäck alles einzeln auf der Drehbank angefertigt. Danach erhalten die Figuren einen Grundanstrich, werden anschließend überschliffen, dabei werden Unebenheiten beseitigt und schließlich erhalten sie glänzenden, wetterbeständigen Lack.

Böttcher ist technisch mittlerweile gut ausgestattet. Bandsäge, Hobelmaschine und Drechselbank stehen in der Garage, das Auto vor der Tür. "Früh frage ich zuerst meine Frau, ob sie mich braucht, wenn nicht, verschwinde ich den ganzen Tag in der Werkstatt", verrät der 65-Jährige schmunzelnd. Die Pyramide steht, wird Samstagabend eingeschaltet. Doch die Arbeit geht nicht aus: Bekannte haben eine kleine Pyramide zur Reparatur vorbeigebracht. Jetzt hat Rentner Böttcher mal wieder keine freie Zeit.