50 Jahre Schulentlassung in Weißenfels 50 Jahre Schulentlassung in Weißenfels: Brave Schüler böse Jungen
Weißenfels - 1985 gab es das erste Klassentreffen. Da war die Zeit in der Neustadtschule bereits 20 Jahre Vergangenheit. Nun, zum 50. Schulabschluss-Jubiläum, sagt Arthur Wolff: „Ich habe damals gleich zugesagt, weil ich wissen wollte, was aus den alten Schulkameraden geworden ist.“ Denn die meisten habe er durchs Berufsleben aus den Augen verloren. Der inzwischen 67-Jährige selbst arbeitete bei der Bahn.
Abstände zwischen den Treffen verkürzen sich
Vor 30 Jahren hatten Karin Lorek und Elvira Cschech bei Eltern recherchiert und die Adressen ausfindig gemacht. Letztere ist inzwischen ebenso verstorben wie die Deutsch- und Russischlehrerin Hanna Stöber, die beim Auftakttreffen dabei war. Hatte man sich anfangs alle fünf Jahre getroffen, so wurden es bald zwei Jahre und zuletzt hatte man sich im Vorjahr gesehen und nun wieder. Denn Wolff sagt: „Wir werden schließlich alle älter.“ Mit dabei war diesmal auch Helmut Schäfer, der einst bei den Zehntklässlern den Sportunterricht gegeben hatte und inzwischen 75 Jahre alt ist.
Karin Lorek ergreift Initiative
Karin Lorek (66) wohnt mittlerweile in Köthen. Auf die Frage, warum sie Mitte der 1980er Jahre mit die Initiative ergriffen hat, sagt sie: „Vielleicht hat man als Frau das besondere Bedürfnis zu sehen, was aus den anderen geworden ist.“ Sie sei eben neugierig. Gemeinsam mit Wolfgang Martin erzählt sie über die vergangene Zeit. Während Wolff von den Fehden der Cliquen aus Müllner- und Wielandstraße berichtet, bekennt Frau Lorek, dass sie von den außerschulischen Dingen der Klassenkameraden nicht allzu viel mitbekommen habe. Sie hätte im Reichardtswerbener Ortsteil Bäumchen gewohnt, wo der Großvater bis zum Beginn der 1970er Jahre eine Gaststätte betrieben hatte.
Auf die Frage, an was man sich besonders erinnere, kommt der Verweis aufs Schullandheim Geraberg, in das man gefahren sei. „Wir waren doch brave Schüler“, sagt Frau Lorek, doch Wolfgang Martin fügt hinzu: „Aber wir waren die bösen Jungen.“ Da ist dann plötzlich von Juckpulver die Rede, das man aus Hagebutten gewonnen hatte und das dann hinter die Kragen gewandert sei. Und auch an ihren Biologie- und Astronomielehrer Werner Klebb erinnern sich die ehemaligen Schüler. Der habe sich mitunter auf den Lehrertisch gesetzt und zur Belustigung aller mit den Ohren gewackelt.
Die Entwicklung von Weißenfels
Wolfgang Martin hatte Schlosser gelernt und kurz nach der Wende in einer Zeit der Umbruchstimmung das Kapitel Weißenfels zugeschlagen. Er war nach Mannheim gegangen, arbeitete dort im Omnibusbau und war schnell Vorarbeiter geworden.
Was sie über die Entwicklung von Weißenfels sagen? Martin verweist auf sein Elternhaus in der Wielandstraße 21, „das nicht mehr steht“. Er spricht von Jahren der Vernachlässigung, aber auch davon, dass sich vieles getan habe und schätzt das Erreichte angesichts dessen, dass die meisten Städte großen Nachholbedarf hatten, als toll ein. Frau Lorek hat die Saalestadt mal länger nicht gesehen und räumt ein, dass sich etwas bewegt habe. Und sie betont bezüglich der unterschiedlichen Gesellschaftssysteme in der DDR und heute, dass jedes Vor- und Nachteile habe. Habe eine Frau früher ein Kind bekommen, sei ihr bei der Rückkehr ins Berufsleben ihr Arbeitsplatz sicher gewesen. Heute würden Frauen oft erst mit 30 oder 35 Jahren Babys bekommen, wenn sie im Beruf Fuß gefasst hätten. Die Unsicherheit sei viel größer.
Arthur Wolff sorgt für das Rahmenprogramm
Arthur Wolff hat für das Rahmenprogramm zum 50. Jubiläum der Schulentlassung gesorgt. Da war man in Goseck, hat sich auch in der Schlosskirche umgesehen und Robert Weinkauf, Vorsitzender des Schlossvereins, hatte mit seinen zur Klosterzeit passenden Gesangseinlagen die Teilnehmer zum Staunen gebracht. Nach dem Kaffeetrinken in „Kochs Garten“ folgte ein Besuch des Museums in der Weißenfelser Neu-Augustusburg, der dortigen Barockkirche und der Latrine aus Kasernenzeiten. „Mein Plan ist aufgegangen“, sagt der 67-Jährige. Er verspricht allen Anwesenden ein Foto. Auch die sollen eines bekommen, die nicht zum Treffen gekommen sind, „damit sie sich ärgern, dass sie nicht dabei waren.“ (mz)