160 Jahre 160 Jahre : Jubiläum ohne Dampflok

Weissenfels/Grosskorbetha - Pünktlich 10.19 Uhr fuhr am Sonnabend der Sonderzug aus Leipzig im Weißenfelser Bahnhof ein. Zum 160. Jubiläum der Bahnstrecke Leipzig - Großkorbetha sollte eigentlich eine Dampflok fahren, doch es dampfte nichts.
Stefan Ansorg, der den Zug begleitete, sagte: „Wir mussten die Dampflok gegen eine Diesellok austauschen.“ Beim Anheizen waren mehrere Stehbolzen gerissen. Man habe zwar versucht, sie zu schweißen, doch auch beim zweiten Mal gab es dasselbe Ergebnis. Das komme vor, weil es ein Problem fürs Material sei, wenn die Loks heute nur noch sporadisch im Einsatz seien.
Erhabenes Gefühl mit alter Dame
Hart traf der „Betriebsunfall“ Uwe Hüttner, der eigentlich die Dampflok fahren sollte. Natürlich wusste er, dass sie die Würze beim Streckenjubiläum sein würde und er sagte: „Als ich am Abend nach Hause gekommen bin, hat meine Frau schon an meinem Gesichtsausdruck gesehen, dass etwas nicht stimmte.“ Nur für Harald Meinecke auf der historischen Elektrolok von 1935 änderte sich nicht viel.
Es gebe noch einige Loks dieser Baureihe, aber „seine“ sei die einzig fahrbereite. Mit ihr sei er mehrfach im Jahr zwischen Thüringen und Berlin unterwegs. „Es ist ein erhabenes Gefühl, mit solch einer alten Dame zu fahren.“ Familie Fernau hatte den Aufenthalt genutzt und sich die Füße vertreten. Christian Fernau sagte: „Natürlich sind wir etwas enttäuscht, weil keine Dampflok gefahren ist, aber spannend war es trotzdem.“ Ansonsten pendele man ja mit dem Zug höchstens mal zur Arbeit.
Elektrokarren bereichert Angebot
Drei Stunden später in Großkorbetha. Von der örtlichen Feuerwehr war weit und breit nichts zu sehen. Warum auch, schließlich musste für die Dampflok während des halbstündigen Aufenthaltes kein Wasser nachgefüllt werden. Richtig viel los war in der Bahnhofshalle, als der Sonderzug gegen 13.30 Uhr bei seiner zweiten Fahrt hielt. Ein halbes Dutzend Bad Dürrenberger lief in historischen Gewändern zum Bratwurststand des Kleinkorbethaer Heimatvereins.
Maria Koch trug ein Biedermeierkleid, wie es vor rund 180 Jahren getragen worden war, und Haike Scheffler eines, mit dem man zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf die Straße ging. Sie setzen sich im Heimatbund für Geschichte und Kultur sowie für die Erhaltung des historischen Gradierwerkes in der Kleinstadt ein.
Mit Heiko Schladebach von den Großkorbethaer Oldtimerfahrern posierten sie fürs Foto und ließen sich von einem Elektrokarren Koffer reichen. So einen ähnlichen habe es wirklich mal auf dem Bahnhof gegeben, wie eine Frau sagte, die hier mal als Reise- und Güterverkehrsaufsicht gearbeitet hatte. Das Gefährt, das Schladebach besitzt, hat er von einem ehemaligen Schulfreund bekommen. Es gehörte mal zum Fuhrpark der Maschinenfabrik Esslingen. Oldtimer-Zweiräder wurden außerdem ausgestellt.
Uwe Knauf zeigte seine 45 Jahre alte MZ mit einem noch drei Jahre älteren Seitenwagen. Und Andreas Brehmel hatte eine CZ aus dem Jahr 1952 aufgebockt. Wilfried Forst war mit seiner Frau und den zwei Enkelkindern unterwegs. Unabhängig von der Dampflok hat es für den 65-Jährigen etwas, wenn einem der Geruch der alten Wagen in die Nase steigt.
Im Kötzschauer Eisenbahnmuseum hatte man sich umgesehen, aber er habe festgestellt, dass nicht ganz so viel los war wie bei den Streckenjubiläen vor fünf und vor zehn Jahren. Das musste auch Iveta Cilova erfahren, die an einen Stand Ansichtskarten und Spielzeug ebenso anbot wie Dutzende Videos von Michael Müller. Er ist Lokführer bei der Brohltalbahn im Westen Deutschland.
Da war im Weißenfelser Bahnhof schon vor der Ankunft des ersten Zuges mehr Gedränge. Davon zeigte sich Reinhard Tschöp von den Weißenfelser Eisenbahnfreunden begeistert und fügte hinzu: „Niemand kann etwas dafür, dass die Dampflok nicht fahren kann.“ Aber so etwas passiert ja auch beim ICE und viele andere Loks waren außerdem bei einem Fest in Dresden dabei. Neben dem Modellbahnstand Ehrhardt waren Hobby-Modellbahner aus Braunsbedra, Naumburg und Bad Dürrenberg vor Ort. Peter Krause (76) aus Reichardtswerben hatte eine kleine Bahnplatte und legt Wert auf Details: Da ist selbst das Blitzlicht eines Fotografen zu sehen.
Triebwagenbau aus Karton
Die vielen Bilder, die auf einer Leinwand gezeigt wurden, stammen vor allem von Hans-Jörg Winterberg (53), manche auch von einem, der in DDR-Zeiten mal Streckenabschnitte aus dem Interzonenzug fotografiert hat, was eigentlich verboten war. Und als Höhepunkt für sich bezeichnete Winterberg eine Fahrt mit der Lok 18 201, einem „Edelrenner“, mit dem er mal mitfahren durfte und der es zwischen Bitterfeld und Wolfen auf 160 Kilometer in der Stunde gebracht hat.
Hüpfburg und Fahrsimulator gab es von der Dekra und René Schmidt nutzte mit seinem Sohn Pascal die Gelegenheit, einen Triebwagen aus Karton zu basteln, den beide mit nach Hause nehmen konnten.


