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Zu viel Nitrat im Trinkwasser Zu viel Nitrat im Trinkwasser: Säuglinge dürfen jetzt nur noch Mineralwasser trinken

Von Grit Pommer und Helga Koch 01.06.2018, 11:40

Sangerhausen - Die anhaltende Trockenheit sorgt im Raum Sangerhausen für Probleme bei der Trinkwasserversorgung. Am Freitag teilte der Wasserverband Südharz mit, dass Babys und Kleinkinder bis zwei Jahre im Versorgungsgebiet Holdenstedt, Liedersdorf, Sotterhausen, Beyernaumburg und Othal sowie in weiten Teilen des Sangerhäuser Stadtgebiets ab sofort mit Ersatzwasser zu versorgen sind. In diesem Bereich wird zurzeit  der Nitrat-Grenzwert überschritten.

Laut Wasserverband wurden in den betroffenen Gebieten Nitratwerte von bis zu 55 Milligramm pro Liter gemessen. Der Grenzwert laut Trinkwasserverordnung liegt bei 50 Milligramm je Liter. Nachdem bereits am Donnerstag im Versorgungsbereich des Hochbehälters Othal eine Belastung mit 52 Milligramm gemessen worden war und eine erneute Messung 53 Milligramm ergeben hatte, ordnete das Gesundheitsamt des Landkreises Mansfeld-Südharz am Freitag die Versorgung der Babys und Kleinkinder mit Ersatzwasser an.

Hohe Nitratwerte vor allem für Kleinkinder und Babys gefährlich

Während die gemessenen Werte für ältere Kinder und Erwachsene als unbedenklich gelten, können sie bei Kleinkindern zu einer reduzierten Sauerstoffaufnahme im Blut führen. Am gefährlichsten sind erhöhte Nitratwerte laut Umweltbundesamt für Babys bis zum Alter von sechs Monaten.

Helga Krull, Kinderärztin in der Helios-Klinik Sangerhausen, erklärt auf MZ-Anfrage: „Nitrate und Nitrite, die sich je nach Sauerstoffgehalt ineinander umwandeln können, führen zur Funktionsänderung der roten Blutkörperchen. Wenn diese mit Nitriten und Nitraten besetzt sind und nicht mehr den notwendigen Sauerstoff zu den Organen transportieren können, führt das zu einer sogenannten Blausucht.“

Im schlimmsten Fall bedeute das Erstickungsgefahr. Eine erhöhte Nitrit- und Nitratbelastung über längere Zeit hinweg könne zur Ausbildung von Schilddrüsenerkrankungen führen.

Kleinkinder sollen auf Trinkwasser verzichten

Der Wasserverband fordert die Kunden in den betroffenen Gebieten auf, ab sofort für Kleinkinder bis zwei Jahre nur noch Mineral- oder Tafelwasser als Trinkwasser und für die Zubereitung von Flaschenmilch und Brei zu verwenden. Der Kaufpreis für das Ersatzwasser werde gegen Vorlage des Kassenzettels erstattet, sagt Verbandsgeschäftsführerin Jutta Parnieske-Pasterkamp.

Die Belege könnten direkt beim Verband Am Brühl 7 in Sangerhausen vorgelegt oder auch eingescannt und mit Angabe der Kontonummer an [email protected] gemailt werden.

Mögliche Ursache für den erhöhten Wert ist die Zuschaltung zweier Brunnen an das Versorgungsnetz, die der Wasserverband wegen ihres hohen Nitratwertes normalerweise gar nicht für die Trinkwasserversorgung nutzt, sagte Parnieske-Pasterkamp auf MZ-Anfrage. Die beiden Brunnen liegen zwischen Sangerhausen und Riestedt.

Anhaltende Trockenheit: Wasserverband verzeichnet höheren Wasserverbrauch

Bei hoher Fördermenge lägen die Nitratwerte dort bei 55 und 61 Milligramm je Liter. Der Verband hat sie in den vergangenen Tagen mit ans Netz genommen, weil man die Trinkwasserversorgung in Sangerhausen sonst nicht  mehr hätte absichern können.

Im Moment verzeichnen wir einen rund 30 Prozent höheren Wasserverbrauch“, sagt Parnieske-Pasterkamp, „und zwar besonders im Gebiet Sangerhausen.“ Jeden Tag im Garten gießen, den Rasen sprengen, mehrmals am Tag duschen - all das macht sich bemerkbar. Dagegen habe sich der Gesamtverbrauch in den Harzorten kaum verändert. Das könne daran liegen, dass dort auf etlichen Grundstücken noch private Brunnen zum Gießen genutzt würden, vermutet die Geschäftsführerin.

Wasserverband Südharz: Wasserversorgung in allen Orten gesichert

Die Versorgung sei in allen Orten gesichert, heißt es. Die meisten Orte im westlichen Kreisgebiet erhielten Wasser aus Tiefbrunnen, die Stadt Allstedt und umliegende Orte bekommen ohnehin das Fernwasser aus der Rappbodetalsperre. Dort deute noch nichts auf einen Engpass hin. Auch in den drei Orten, die mit Quellwasser versorgt werden, „merken wir noch nicht, dass wir weniger Wasser fördern“, stellt die Geschäftsführerin fest. Das betrifft Blankenheim, Breitenstein und Hayn.

Wann man es schaffen wird, in Sangerhausen und den anderen betroffenen Orten den Nitrat-Grenzwert wieder einzuhalten, dazu wollte Parnieske-Pasterkamp am Freitag keine Prognose wagen. „Wir versuchen, durch eine optimale Mischung den Wert wieder hinzubekommen.“ Sofort abklemmen könne man die beiden Brunnen nicht. „Wir brauchen sie im Moment  einfach, um die Versorgung sicherzustellen“, so Parnieske-Pasterkamp.

Hoffnung auf eine Entspannung hatte sie wegen des Regens, der am Freitag vereinzelt auch im Raum Sangerhausen gefallen ist. Vielleicht verzichte der eine oder andere Gärtner deshalb mal aufs Gießen, meinte die Verbandschefin. Zudem hatte man es am Freitag in Richtung Oberröblingen auch noch mit einem Rohrbruch zu tun, der noch lokalisiert und repariert werden musste. Sobald aus diesem Leck kein Wasser mehr abfließt, steht es im Netz wieder zur Verfügung. (mz)