Zeitreise von Pfalz zu Pfalz
TILLEDA/MZ. - Elf Tage und Nächte waren sie von der Pfalz Merseburg zur Pfalz Tilleda unterwegs. Von Kopf bis Fuß in mittelalterlicher Kleidung und mit "Lanzelot". So hatten sie ihren Handwagen getauft, auf dem bis auf wenige ganz persönliche Sachen alles transportiert wurde, was man so braucht. Das war nicht viel: ein paar Felle für die Nachtruhe, meist unter freiem Himmel.
Gezogen wurde der Wagen von Katrin Dippert (21) und Franziska Ritschel (21). Allen voran lief Philipp Foltyn (22) mit dem gehissten Banner. Rot-weiß sind die Farben von Merseburg und das Schicksalsrad. Das Schicksal bzw. das Interesse für das Mittelalter hat die jungen Leute, darunter vier Psychologiestudenten, zusammengeführt. Zunächst um auf Mittelaltermärkten ihrem Hobby nachzugehen. Im vergangenen Jahr kamen drei auf die Idee, diese Pfalzen-Tour zu absolvieren. Zunächst waren es acht Leute, die am Dienstag, 11. August, in Merseburg gestartet sind. Ein Teilnehmer hatte jedoch nach zweitägiger Wanderung so viele Blasen, dass er die Reise abbrach. Für die anderen galt die Devise: "Aufgegeben wird nicht". "Am Anfang hat uns der Ludwig sehr gefehlt", sagte Katrin Dippert. "Er gehört schließlich zur Truppe." Außerdem war er für das Feuermachen eingeteilt.
Ilja Anders (24), der Student der Geowissenschaften, übernahm neben der Navigation auch noch das Feuermachen. Überhaupt gab es sehr vieles vorzubereiten: Trockenobst und -gemüse wurden selbst hergestellt. Frisches Brot wurde ab und zu gekauft. "Das war im Mittelalter sicher auch so", sagt Thomas Engelhard, der Chef der Mittelaltertruppe. Er feierte während der Reise seinen 29. Geburtstag. Es war einer der wenigen Tage, an denen es eine Fleischspeise gab. Ansonsten ernährten sich die Wanderer von dem, was sie in den Kalebassen (ausgehöhlte Kürbisse) transportierten: Gries, Gerste, Haferflocken und Dinkel. Das ergibt einen neutralen Brei mit gutem Nährgehalt. Allerdings geht nichts über frisches Obst, wie Mirabellen und Pflaumen, Äpfel und manchmal Birnen. Vielerorts hat man sich über die Gruppe gewundert, die auf manchmal schlecht befahrbare und unzureichend ausgeschilderte Wanderwege angewiesen war. Mit dem Wetter hatten sie Glück: Nur zweimal, am zweiten und am letzten Tag, regnete es. "Wir haben auf der Reise die unterschiedlichsten Leute kennen gelernt", resümierte Marlene Wagner (21), die Packmeisterin. "Manche haben uns aufgrund unseres Aussehens beschimpft. Sehr nett war dagegen der Bürgermeister von Schraplau, der uns auf der Burg übernachten ließ. Auch in Grillenberg gab es eine nette Familie. Da zeigte uns das Kind den Weg zur Burg, und der Mann brachte uns am anderen Morgen heißen Tee." Der vierte Tag auf der Burg Querfurt war "frustig": Da mussten die ledernen Schuhe repariert werden. Nach den ersten Tagen gab es auch einen "schrecklichen Zeckenbefall".
Für elf Tage hatten die Sieben ihre Identität hinter sich gelassen. Ein Handy war für den Notfall, wie die Ausweispapiere, gut verpackt. Nur ab und zu wurde der Fotoapparat hervorgeholt. Ganz undokumentiert wollte man die Reise nicht lassen. Am Sonntag null Uhr war die Reise von Pfalz zu Pfalz dann zu Ende: Dann wurde geduscht und moderne Sachen angezogen. Die Salben und Tinkturen gegen wund gelaufene Füße, hergestellt von Annabell Grothe (20), die in einem Freiwilligen Sozialen Jahr in einem Kindergarten arbeitet, werden die sieben Wanderer allerdings noch einige Zeit anwenden müssen.