Wohnkonzept in und um Sangerhausen Wohnkonzept in und um Sangerhausen: Eingenerationenhäuser?

Sangerhausen - Früher waren sie selbstverständlich: Häuser, in denen Jung und Alt zusammenleben. Vor einigen Jahren wurde diese Form des Wohnens in der Region wieder aufgegriffen. In und um Sangerhausen entstanden Mehrgenerationenhäuser. Die Idee: Bewohner unterschiedlichen Alters leben unter einem Dach und unterstützen einander im Alltag. Was ist aus dem Konzept geworden?
"Das ist doch wie Urlaub hier"
In der Oberröblinger Straße in Sangerhausen gibt es seit 2009 das SWG-Generationenhaus. Monika und Heinz Eichentopf gehören zu den Mietern der ersten Stunden.
Bis heute sind sie begeistert: „Ich ziehe nicht wieder aus. Das ist doch wie Urlaub hier“, sagt Heinz Eichentopf, der vor allem den Balkon und den großzügigen Laubengang vor der Wohnungstür schätzt. Viele wollen rein in eine der begehrten Wohnungen, erzählt der 76-Jährige. Diese sind barrierefrei, das Haus mit Fahrstuhl ausgestattet und die Awo-Begegnungsstätte gleich nebenan. Obendrein stimmt die Chemie zwischen den Bewohnern: „Wir sind eine Gemeinschaft“, sagt Eichentopf. Zu der zählen allerdings nur ältere Menschen.
Barrierefreie Wohnungen bei Älteren beliebt
Jüngere findet man im Mehrgenerationenhaus kaum. „Es war ursprünglich angedacht, dass die Älteren den Muttis bei der Betreuung helfen“, sagt Monika Eichentopf. Daraus ist nichts geworden. Gründe sieht die 69-Jährige in den Mieten. Gerade für junge Familien seien diese zu hoch. Hinzu komme, dass die meisten Wohnungen für Familien mit Kindern zu klein seien.
Das bestätigt Heidrun Könk von der Städtischen Wohnungsbaugesellschaft (SWG): „Die Masse der Wohnungen sind Zweiraumwohnungen.“ Weil diese barrierefrei sind, seien sie vor allem bei Älteren beliebt, die den Großteil der Mieter ausmachen.
Mehr zum Thema lesen Sie auf der folgenden Seite.
Angebot wird von Älteren genutzt
Ähnlich verhält es sich im Mehrgenerationenhaus Sangerhausen Süd, besser bekannt als „Grüne Banane“. In der dortigen Begegnungsstätte „Treffpunkt Süd“ organisiert Gislinde Listing regelmäßig Veranstaltungen. „Das Angebot wird überwiegend von älteren Menschen genutzt“, sagt Listing. Im Durchschnitt seien sie zwischen 75 und 80 Jahre alt. Zu ihnen gehört Mieter Hans-Joachim Engelmann. Vor sieben Jahren ist er aus seinem Einfamilienhaus in eine der altersgerechten Wohnungen gezogen. „Der Begriff ’Mehrgenerationenhaus’“, sagt Engelmann, „trifft nicht ganz zu. Das Durchschnittsalter der Bewohner ist relativ hoch.“ Der 81-Jährige vermutet, dass das an den Mieten liegt. Jüngere Menschen würden ihr Geld lieber für andere Dinge ausgeben. Enttäuscht darüber, dass vorwiegend Ältere in der „Grünen Banane“ leben, ist er nicht.
Nachbarn kümmern sich um einander
Wöchentlich finden im Haus Skat-Runden statt, man treffe sich zum Grillen und Singen. Sollte einer der Bekannten nicht erscheinen, so Engelmann, klingelt man und schaut nach dem Rechten. „Wir sind eine gute Wohngemeinschaft“, sagt der 81-Jährige.
Die ursprünglich für die „Grüne Banane“ vorgesehene Idee des generationsübergreifenden Wohnens hält Stefan Klaube, Vorstandssprecher der Wohnungsbaugenossenschaft Sangerhausen, für schwer umsetzbar. „Das ist der demografischen Entwicklung in der Bevölkerung geschuldet“, sagt Klaube. „Und barrierearmes Wohnen zieht nun mal überwiegend Ältere an.“
Mehr zum Thema lesen Sie auf der folgenden Seite.
"Jeder für sich allein"
In Uftrungen scheint das Konzept schon eher aufzugehen. Auf dem Gelände des früheren Domänenhofes sind in den vergangenen Jahren zwölf Wohnungen entstanden. Bauunternehmer Maik Siebert dazu: „In den Wohnungen leben sowohl Familien als auch ältere Herrschaften.“ Das Zusammenleben zwischen Jung und Alt funktioniere. Sophie Elstner lebt dort seit März 2015. Die 25-Jährige sagt, dass die Mieter untereinander Rücksicht nehmen. Dazu gehöre auch, dass man für die Nachbarn den Flur kehrt, wenn diese dazu nicht in der Lage sind. Ein spezielles Programm oder einen gemeinsamen Raum für die Mieter gibt es aber nicht. „Es lebt schon jeder für sich allein“, so Elstner.