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Ursache für Verpuffung in Brücken? Mann stirbt nach Explosion: Wie gefährlich sind Tischkamine mit Ethanol?

Nach dem tragischen Tod eines 54-Jährigen in Brücken steht der Tischkamin als Ursache im Fokus. Wie gefährlich sind sie?

Von Grit Pommer 21.09.2022, 14:15
Das Haus nach der Explosion in Brücken.
Das Haus nach der Explosion in Brücken. (Foto: Jürgen Lukaschek)

Brücken/MZ - Die Polizeiinspektion Halle teilte die traurige Nachricht am Dienstag mit: Der 54-jährige Mann, der am Sonntagmorgen gegen 7.30 Uhr bei einer Explosion in seinem Wohnhaus in Brücken schwerste Verletzungen erlitten hatte, ist am Montag in der Klinik Bergmannstrost in Halle verstorben. Die Polizei untersucht jetzt, wie genau es zu der starken Verpuffung kommen konnte, deren heftige Druckwelle sogar eine Wand des Hauses nach außen drückte.

Sachverständige müssten die Ursache rekonstruieren, sagt Alexander Junghans von der Polizeiinspektion Halle. Weil ein Schaden an der Gasleitung bereits am Sonntag ausgeschlossen werden konnte, vermutet die Polizei einen Tischkamin als Ursache des tragischen Unglücks.

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Verletzungen durch Tischkamine nicht selten

Solche Geräte sorgen immer wieder für schwere Brandverletzungen, erklärt Professor Dr. Frank Siemers, Chefarzt des Brandverletztenzentrums in der Klinik Bergmannstrost in Halle. Dorthin waren am Sonntag auch der 54-Jährige und eine bei der Explosion ebenfalls verletzte Frau gebracht worden.

„Wir haben regelmäßig damit zu tun“, sagt Siemers zu Unfällen mit Deko-Kaminen, die mit Ethanol betrieben werden. Eine Verletzungsschwere wie jetzt sei eher selten. Doch die starke Hitze bei solchen Verpuffungen sorge oft für tiefergehende Verbrennungen, die dann meist operativ und mit Hauttransplantationen behandelt werden müssen.

Wenn man mit den Patienten spreche, erzählten sie oft, dass an dem Ethanol-Kamin keine Flamme mehr zu sehen gewesen sei, als sie Brennstoff nachgossen, berichtet Siemers. Eine Stichflamme allein erklärt allerdings nicht die Druckwelle, die am Sonntag ebenfalls entstanden sein muss und die so stark war, dass sie eine Hauswand verrückte. Die Polizei erklärte, sie stehe noch am Anfang der Ermittlungen.

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Ethanol-Kamine häufig ungeprüft

Wie gefährlich sind also Tischkamine? Das Bundesinstitut für Risikobewertung verweist auf MZ-Anfrage an das Bundesinstitut für Materialsicherheit. Doch auch dort heißt es, man habe „leider keine Expertise in diesem Bereich“.

Im November vergangenen Jahres hatte sich die Stiftung Warentest mit Ethanol-Kaminen beschäftigt. Die Verbraucherschutzorganisation hatte damals darauf hingewiesen, dass solche Geräte ungeprüft auf den Markt gebracht werden können. Überwachte Sicherheitsregeln, erkennbar am GS-Zeichen für „Geprüfte Sicherheit“, gebe es für sie nicht.

Explosionsfähiges Gasgemisch kann sich bilden

Die Stiftung warnte besonders vor Modellen, die sich löschen lassen, indem die Luftzufuhr zur Flamme unterbrochen wird. Dann bleibe das restliche Ethanol im Kamin. Das könne beim nächsten Entzünden gefährlich werden. Denn es könnte sich im Zusammenspiel mit der Raumluft ein explosionsfähiges Gasgemisch in größeren Mengen gebildet haben.

Etliche Anbieter würden damit werben, dass ihre Modelle der Din-Norm 4734 entsprächen. Die sei allerdings veraltet. Die Din EN 16647:2016 sei die aktuelle Norm für Deko-Feuer, die mit einem flüssigem Brennstoff wie Ethanol betrieben werden.

Sie gelte für Geräte mit einer maximalen Leistung von 4,5 Kilowatt. Das entspreche einem Brennstoffverbrauch von etwa einem halben Liter in der Stunde. Für leistungsstärkere Geräte würden noch weiterreichende Vorschriften gelten.