Vor 1020 Jahren Vor 1020 Jahren: Roßlas Ortsgeschichte beginnt mit einem Geschenk

Roßla - Für eine alte Dame hat sich Roßla erstaunlich gut gehalten. Der Ort feiert in diesem Jahr seinen 1020. Geburtstag. Eine Urkunde vom 15. September 996 ist der Anlass dafür. Ausgestellt wurde sie von Kaiser Otto III. in der Kaiserpfalz zu Ingelheim (Rheinland-Pfalz).
An diesem Tag schenkte er zu „seinem und seiner Eltern Seelenheil“ dem zu gründenden Kloster Sankt Kilianszelle (Neumünster) den ihm gehörenden Ort Roßla in der Grafschaft Wilhelms.
Die Schenkung war an Bischof Heinrich von Würzburg gerichtet und die Einnahmen aus Roßla (Steuern und Zinsen) für den Unterhalt der Mönche bestimmt. Die Grafschaft Wilhelms lag in Thüringen, somit ist für die Historiker das Roßla in der Goldenen Aue gemeint. Diese Urkunde ist die älteste urkundliche Nennung des Ortes.
Historiker sehen in Kleinadel ein Indiz für eine mittelalterliche Wasserburg
Erst im Jahre 1119 erscheint der Name Roßla wieder in einem Dokument. Darin ist ein Dietmar von Roßla erwähnt, 1238 gab es einen Friedrich von Roßla und 1315 einen Heinrich von Roßla. Die Chronisten und Heimatforscher Karl Meyer (1845-1935) und Eduard Günther (1868-1949) sehen in dem damaligen Kleinadel ein Indiz für die Existenz einer mittelalterlichen Wasserburg an einem Nebenarm der Helme.
Roßla gehörte im hohen Mittelalter zum Herrschaftsgebiet der Grafen von Beichlingen-Rothenburg. 1303 übernahmen es die Stolberger Grafen gemeinsam mit den Grafen von Beichlingen und ab 1341 waren die Stolberger die alleinigen Besitzer. In Roßla wurde ein Amt, Sitz der Verwaltung, eingerichtet. Wer in die Wasserburg einzog, ist nicht bekannt.
Im 17. Jahrhundert wurde Roßla vorübergehend Residenzort
Geldmangel zwang die Stolberger im 15. Jahrhundert mehrfach dazu, Roßla an die Schwarzburger Grafen zu verpfänden. Diese Finanzpolitik setzte sich auch im 16. und 17. Jahrhundert fort. Aus den Jahren 1573, 1650 und 1679 befinden sich im Landesarchiv Magdeburg mehrere Inventarverzeichnisse und Beschreibungen der Burg (Schloss) Roßla. Sie vermitteln ein anschauliches Bild von den einzelnen Gebäuden und ihrem Zustand. 1682 wurde Roßla vorübergehend Residenzort, Christoph Ludwig Graf zu Stolberg zog ins Schloss.
Erst mit der Teilung der Grafschaft Stolberg in Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roßla hielt im Jahre 1709 Jost Christian Graf zu Stolberg-Roßla Einzug in Roßla. Im 19. Jahrhundert erfolgte der großzügige Umbau der Schlossanlage im klassizistischen Stil.
An die mittelalterliche Burg erinnert heute lediglich noch der Bergfried. Mit der Enteignung des Fürstenhauses Stolberg-Roßla im Jahre 1945 und dem damit verbundenen Ortswechsel der Familie endete die über mehrere Jahrhunderte dauernde Herrschaft der Stolberger.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich das Handwerk
Roßla war vom Mittelalter bis in das 19. Jahrhundert mit Toren, Wällen und Gräben befestigt. Zwei große Brände, 1656 und 1693, zerstörten viele Gebäude. Der Ort besaß trotz Residenz kein Markt- und kein Münzrecht, ebenso kein Stadtrecht. Vorrangig wurde Land- und Forstwirtschaft betrieben. Im 19. Jahrhundert kamen neben dem ausgeprägten Handwerk eine Zuckerfabrik und eine Ziegelei dazu. Zahlreiche Arbeitsplätze bot die gräfliche (fürstliche) Verwaltung mit ihren Ämtern.
Eine Privatschule nahm den Betrieb auf, ein Krankenhaus wurde gebaut. Gastronomie und Hotellerie siedelte sich an. Roßla entwickelte sich in dieser Zeit zu einer Landgemeinde mit kleinstädtischem Charakter. Die Bevölkerung wuchs, der Ort dehnte sich ständig aus. Es gab ein Heimatmuseum, ein Kulturhaus, Schulen, Einkaufsmärkte und medizinische Einrichtungen. Roßla wurde zum zentralen Ort der Goldenen Aue. (mz)
Das Festwochenende in Roßla steigt vom 16. bis 18. September.
