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Von «durstigen» Dampflokomotiven

Von Beate Lindner 14.02.2008, 17:02

Sangerhausen/MZ. - Da ich kein 'Ureinwohner' bin, hoffe ich auf Angaben, wann und warum der kleine Bach diesen Staudamm bekam." Mit dieser Frage, die korrekte Antwort auf das Fotorätsel inklusive, wandte sich Dietrich Pauls an die Redaktion.

Drei ausführliche Briefe sind neben vielen, vielen Zuschriften diesmal eingegangen. Zum einen von Wolfgang Meyer aus Sangerhausen. Er schreibt unter anderem: "Hinter der Engelsburg, auf der Wiese rechts, unterhalb der Moltkewarte befindet sich ein Quellgebiet, dieses dort entspringende Wasser wird vor der ersten Staumauer angestaut. Diese Anlage war eine betriebswirtschaftliche Anlage der Deutschen Reichsbahn, Bahnbetriebswerk Sangerhausen. In der Mitte der Staumauer befindet sich ein Kontrollschacht und an seiner tiefsten Stelle befindet sich eine Abflussleitung mit Ventil. Diese Rohrleitung endet im Bahnbetriebswerk Sangerhausen. Dort auf dem Gelände befindet sich eine Wasserenthärtungsanlage mit Hochbehälter, wo das Wasser für die Dampfloks enthärtet und für das Befüllen der Loks mit so genannten Wasserkränen bereitgehalten wird. Da der Wasserbedarf der Dampfloks sehr hoch war, Sangerhausen war auch Eisenbahnknotenpunkt, befanden sich in der Eisenbahnsiedlung Karl-Bosse-Straße außerdem noch zwei Pumpstationen mit Tiefbrunnen."

Von Natur überwachsen

Eine weitere Antwort, die in die technische Richtung geht, schickte der Allstedter Jochen Franke. "Der zweite Damm ist - soweit mir bekannt ist - nur bis 1940 genutzt worden und heute von der Natur überwachsen." Außerdem weiß Herr Franke, dass die Kolbenpumpen in der Bosse-Straße in etwa 55 bis 60 Metern Tiefe lagen und bis 1976 in Betrieb waren. "Ich selbst habe von 1967 bis 1969 im BW Sangerhausen Dampflokschlosser gelernt und 1971 bis 1974 Triebfahrzeugtechnik in Dresden studiert. Eine Wanderung zu diesem kleinen Stausee kann ich nur empfehlen, und wer sucht, findet auch den etwas zugewachsenen Damm", so der Allstedter.

Interessante Geschichte

In die Geschichte taucht Baldur Kühne aus Pölsfeld ein. Er schreibt: "Für den geschichtsinteressierten Natur- und Wanderfreund bieten sich in der Nähe des Tierheimes einige schöne Wanderrouten an, z. B. durch das Eschental zur Schachthalde. Aber auch die Schifffahrt hat einiges zu bieten. So kann man gleich hinter dem Tierheim durch die 'Bratwurst' zur Moltkewarte wandern, oder die Schifffahrt weiter bis zur Engelsburg. Geht man an der Engelsburg auf der anderen Seite des Bachlaufes einige hundert Meter zurück, wird der von der Reichsbahndirektion im Jahre 1883 angelegte Sammelteich zur Versorgung der Lokomotiven mit Wasser erreicht. Von hier aus wurde eine Wasserleitung bis zum Bahnbetriebswerk verlegt. Fünf Jahre zuvor war dieses Vorhaben noch gescheitert, denn die Sangerhäuser Stadtverordnetenversammlung lehnte am 26. März 1878 den Wasserleitungsbau ab. Dieses Datum ist auch der Tag, an dem das Bahnbetriebswerk zum ersten Mal amtlich erwähnt wird."

Von "Engels Burg"

Damit, so Baldur Kühne, sei aber die Geschichte dieser Gegend noch nicht erschöpft. Und so schreibt der Pölsfelder u. a. weiter: "Die Engelsburg ist ein Gutsgebäude am nördlichen Ende der Schifffahrt am Brechtewendischen Bach, im Jahre 1670 von Simon Engel, der vorher Seifensieder, Ratsschenk und Handelsmann war, errichtet. Friedrich Schmidt schreibt in der 'Geschichte der Stadt Sangerhausen', dass das Gutsgebäude im Volksmunde anfangs spottweise als 'Engels Burg' bezeichnet wurde. Der Brechtewendische Bach weist auf das wüste Dort Brechtewende hin, dessen Gründungszeit nicht bekannt ist, aber 1375 wurde das Dorf im Zusammenhang mit einer dort vorhandenen Schmelzhütte genannt. In dieser legte Simon Engel eine Pottaschensiederei an. Nach seinem Tod am 25. Januar 1680 wurde das Gut verkauft. Im Zusammenhang mit Brechtewende muss auch auf den Rittmeister Ernst Gottlieb Julius von Bose hingewiesen werden, der am 19. November 1772 geboren wurde, bereits mit 15 Jahren in den Militärdienst eintrat und sich später als Offizier in verschiedenen Kriegseinsätzen hervortat. Nach seiner Entlassung wohnte er zunächst bei seiner Frau am Markt und zog 1828 nach Brechtewende, wo er ein Wohnhaus und die um 1800 gebaute Jackentalsmühle kaufte und ein Leben als Sonderling führte. Das Grab des Rittmeisters liegt auf einer Anhöhe südwestlich der Engelsburg. Die bis vor einigen Jahren noch erkennbare Grabstätte trug laut Friedrich Schmidt einen Sandsteinsockel mit eisernem Kreuz und Inschrift." Der Pölsfelder vermutet, dass an dem vor wenigen Jahren noch vorhandenen gusseisernen Kreuz "wahrscheinlich Schrottsammler Gefallen" fanden.

Gewinn nach Riestedt

Die richtige Antwort hatten außerdem: Detlef Kuhn, Wolfgang Fricke, Ursula Harnisch, Karin Tobihn, Christa Brötzmann, Monika Gille, Renate Lenzewski, Günter Burghardt, Heidelies Ecke, Michael Krüger, Siegfried Gebhardt, Udo Mühlhausen, Alin Pille, Manfred Franke, Wolfgang Steffen, Enrico Laßbeck, Rainald Klette, Uta Probst, Nico Oklitz, M. Haase, Christa Schulze, Käte Moritz, Hannelore Osterloh, Renate Pfeifer, Ottomar Hundt, Erika Gerlinghoff, Horst Ramm und Toni Heller. Gewonnen hat die Riestedterin Renate Philippczyck. Für sie liegen 15 Euro in der Lokalredaktion bereit. Mit einer interessanten Fotografie, die uns Günter Burghardt zur Verfügung stellte, geht es in die nächste Runde (Einsendeschluss 20. Februar).