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Täglich Kontakt zu Ranga in Sri Lanka

22.06.2006, 16:55

Sangerhausen/MZ. - Wann haben Sie das letzte Mal etwas von Ranga gehört?

Yvonne Ehrhardt: Auf diese Frage kann ich täglich die gleiche Antwort geben: gestern.

Jeannette Ehrhardt: Täglich schreiben wir uns eine SMS mit Ranga, ganz oft wird telefoniert. Häufig nur kurz, aber wir haben uns gehört. Das ist uns wichtig und tut allen gut.

Wer ist dieser Ranga und was verbindet sie drei?

Yvonne Ehrhardt: Ich sag es mal kurz: Ranga ist ein Mensch, den man gern haben muss. Kennen gelernt haben wir ihn in Sri Lanka am Strand, er hat dort, was er auch heute noch tut, Touristen betreut. Zwischen Ranga und uns beiden stimmte sofort die Chemie. Wir waren uns nie fremd und haben vom ersten Tag an sehr viel Zeit miteinander verbracht, seine Familie kennen gelernt und den Kontakt nie abbrechen lassen.

Jeannette Ehrhardt: Und dann kam Weihnachten 2004. Der schreckliche Tsunami, von dem Sri Lanka nicht verschont blieb. Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich an die ersten Fernsehmeldungen denke. Da war ja anfangs von 300 Toten die Rede und das steigerte sich dann stündlich. Bis man irgendwann erahnen konnte, was passiert war.

Wie erging es Ranga und seiner Familie?

Jeannette Ehrhardt: Wir haben ihn erst einmal zwei Tage gar nicht erreicht. Dann erfuhren wir von den Zerstörungen im Dorf, den großen Schäden am Haus und dass seine Mutter, die wir ja kennen, und seine Schwester in einem Zug im Unglücksgebiet unterwegs sind. Obwohl in Rangas Heimatort durch den Tsunami über 300 Menschen gestorben sind, in seiner Familie haben alle überlebt.

Sie waren dann selbst in Sri Lanka.

Yvonne Ehrhardt: Zunächst haben wir hier erst einmal Spenden gesammelt und so versucht, zu helfen. Das alles hat auch in der Mitteldeutschen Zeitung gestanden. Nach Sri Lanka gereist sind wir im Oktober letzten Jahres.

Wie war das?

Jeannette Ehrhardt: Das war, als kommt man nach Hause. Jedenfalls wir haben das so empfunden, trotz des gigantischen Ausmaßes an Zerstörung, wie wir es auch im Oktober noch erleben mussten. Für uns lebt Ranga um die Ecke. Die Entfernung existiert für uns nicht.

Wann besuchen Sie Ihren Freund wieder?

Yvonne Ehrhardt: Am liebsten sofort, aber geplant ist die nächste Reise im kommenden Jahr.

Befürchten Sie nicht, dass unter der langen Trennung diese Freundschaft leidet?

Yvonne Ehrhardt: Daran verschwenden wir keinen Gedanken, weil sie nicht leiden wird. Wie gesagt: Wir stehen täglich im Kontakt. Ranga geht zweimal wöchentlich zum Deutschunterricht, den wir mit finanziert haben. Ich lerne ein bisschen singhalesisch und helfe Ranga meist sonntags per SMS bei den Hausaufgaben. Und wir haben immer wieder neue Ideen, wie wir allen helfen können.

Die Hilfe ist also immer noch nötig?

Jeannette Ehrhardt: Aus unserer Sicht absolut. Ranga sieht das ganz bescheiden. Und genau das ist der Punkt, warum uns beiden diese Freundschaft so viel bedeutet. Es geht hier nicht um materielle Dinge. Das liegt gar nicht im Wesen der Singhalesen, die so überaus freundliche Menschen sind. Natürlich helfen wir, wo wir können. Aber unsere Freundschaft, das ist eine Herzensangelegenheit.

Yvonne Ehrhardt: Sehen Sie, ich bin seit einigen Jahren ohne Arbeit. Geht es mir deshalb schlecht? Aus unserer europäischen Sicht ist Ranga ein Mensch, der arm ist. Arm an materiellen Dingen. Wir haben Ranga und alle Mitglieder seiner Familie aber als sehr glücklichen Menschen kennen gelernt. Und das beste: Sie geben ihr Glück weiter. Auch an uns.