Sophienstraße in Allstedt Sophienstraße in Allstedt: Anwohner beklagen miserable Zustände in ihrem Wohnhaus

Allstedt - Ausnahmslos alle Mieter haben sich an diesem Vormittag vor dem Eingang Sophienstraße 12 b eingefunden. Eine Bank, Stühle und ein Tisch stehen draußen. Und man könnte sich eingeladen fühlen, zu einem kleinen Plausch Platz zu nehmen. Aber die Stimmung ist aufgeladen. Dominik Sobothe springt sofort auf: „Kommen Sie, ich zeige Ihnen alles.“ Die Nachbarn beschwichtigen ihn: „Nicht, dass es Hausfriedensbruch ist, was du da machst.“ Sobothe winkt ab: „Die Türen stehen alle auf. Nichts ist gesichert. Und außerdem muss sich doch endlich mal was ändern.“
Abgewohnt und verdreckt
Dann läuft Sobothe eilig vornweg. Da oben habe es im Winter einen Wasserrohrbruch gegeben. Sobothe weist am ersten Eingang nach oben. „Da lief das Wasser raus. Da wohnt ja keiner mehr.“ So dicht vor dem Neubaublock, sieht man, dass das Gebäude den Zusatz Neubau zum letzten Mal vor drei Jahrzehnten verdient hatte. Die Fenster stammen noch aus DDR-Zeiten und haben nur einmal frischen Kitt gesehen. Die Fassade ist grau und verwittert. Der Eingang ist keinesfalls einladend. Wohin man sieht, ist irgendetwas kaputt, abgewohnt, verdreckt.
Vor über 30 Jahren war es ganz bestimmt eine Freude, in einem Haus wie diesem zu leben. Jetzt ist es das nicht mehr. Sabine Kosiol kann sich an die besseren Tage der Sophienstraße noch erinnern. Seit 1984 wohnt sie in dem Haus. Möchte eigentlich auch nirgendwo anders hin, denn in Allstedt lebt ihre Familie. Aber etwas anderes zu finden, sei ein Problem in der Stadt. Und so halte sie eben aus in ihrem alten Block.
Mieter arrangieren sich mit Situation
Wenn es nur das Abgewohnte und Alte wäre, das an dem Haus zu bemängeln wäre, würden sich Sobothe und seine Nachbarn wahrscheinlich noch nicht einmal zu Wort melden. Dann würden sie sich weiter mit DDR-Fenstern und Ofenheizungen arrangieren. Würden womöglich sogar als gegeben hinnehmen, dass es reinregnet und reinschneit. Dass sie mehr Heizmaterial verbrauchen als andere Leute, weil ihre Fassade noch ungedämmt ist. Mit alledem haben sie sich ja Jahre und Jahrzehnte arrangiert. Denn an und für sich, wohne es sich gut in der Sophienstraße. Beinahe im Grünen und den Einkaufsmarkt auf der Nase.
Mietnomaden vermüllen Wohnung
Aber das Alte und Abgewohnte ist nicht alles, was sich hinter der Fassade des Hauses in der Sophienstraße verbirgt. Der Vermieter war einem Mietnomaden aufgesessen. Müll und Dreck hinterließ dieser in einer der Wohnungen, bevor er verschwand. Ein anderer Mieter starb im vergangenen Jahr. Seine Wohnung, ebenfalls in bemitleidenswertem Zustand, ist noch immer unberührt von Menschenhand. Allerdings fühlt sich das Ungeziefer darin wohl. Kakerlaken will Sobothe schon gesehen haben. Und wer ihm bei seiner Führung durch die Hausflure gefolgt ist, kratzt sich unwillkürlich und fühlt sich plötzlich sehr unsauber.
Stadt weist Verantwortung zurück
Allstedts Bürgermeister Jürgen Richter (CDU) kennt die Wohnverhältnisse in dem Block in der Allstedter Sophienstraße spätestens seit dem Wasserrohrbruch Anfang des Jahres. Auf das Problem dieser Allstedter Bürger angesprochen, weist er die Verantwortung von der Stadt Allstedt. Zuständig für das Gebäude sei allein die Allstedter Wohnungsgesellschaft, schreibt er in einer E-Mail an die Mitteldeutsche Zeitung. Noch einmal persönlich auf den Wohnungsmarkt in der Stadt Allstedt und speziell die Wohnverhältnisse in der Sophienstraße angesprochen, räumt er ein, dass es in Allstedt nicht einfach sei, Wohnraum zu finden und man die Gebäude brauche.
Wohnungsgesellschaft lehnt Stellungnahme ab
Seiner Meinung nach sei es der Wohnstandort in der Sophienstraße wert, erhalten zu werden. Antje Siemann, die Geschäftsführerin der Allstedter Wohnungsgesellschaft, lehnte es nach mehrmaliger schriftlicher und telefonischer Anfrage ab, Stellung zu nehmen. Ihrer Meinung nach genüge es, wenn der Bürgermeister etwas zum Thema geäußert habe, ließ sie eine Mitarbeiterin übermitteln.
Für die Mieter der Sophienstraße ist das alles andere als eine zufriedenstellende Auskunft. Sie wollen wissen, ob ihr Wohnhaus nun doch noch saniert wird und wann, oder ob sie sich darauf einstellen müssen, dass das Haus abgerissen wird und sie sich nach neuen Unterkünften umsehen müssen. (mz)


