1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Sangerhausen
  6. >
  7. Sophienstraße in Allstedt: Sophienstraße in Allstedt: Anwalt sagt: Kündigung der Mieter ist ungültig

Sophienstraße in Allstedt Sophienstraße in Allstedt: Anwalt sagt: Kündigung der Mieter ist ungültig

Von Joel Stubert 29.07.2016, 07:00
Der Wohnblock in der Allstedter Sophienstraße
Der Wohnblock in der Allstedter Sophienstraße Schumann

Allstedt - Dominik Sobothe sprudeln die Worte nur so aus dem Mund. Es sind Worte der Entrüstung und Wut, seine Stimme überschlägt sich.

Sobothe ist einer der Mieter in dem Haus in der Sophienstraße in Allstedt, in dem teilweise unwürdige Zustände herrschen. Und worüber er sich aufregt, liegt nahe. „Wie die Wohnungsgesellschaft mit uns umgeht, das geht gar nicht“, sagt er.

Mieter sollen im August aus den Wohnungen

Allen Mietern des Hauses wurde nun zum 30. September dieses Jahres gekündigt, allerdings sollen sie schon im August ihre Wohnungen verlassen - und sie vorher noch auf Vordermann bringen. Das Pikante: Höchst wahrscheinlich wird der Block ohnehin abgerissen. So steht es zumindest in den Kündigungen, die der MZ vorliegen. Das Sanieren wäre somit reine Schikane.

Zur Erinnerung: Wasserschäden und Schimmelbefall kennzeichnen die Wohnungen des Hauses, einige Wohnungen sind vollkommen vermüllt und leerstehend, vermutlich gibt es dort Ungeziefer. Seit 30 Jahren wurde in der Sophienstraße nicht mehr Hand angelegt, sagen die Mieter. Die Allstedter Wohnungsgesellschaft, allein zuständig für das Gebäude, sah das Problem auf MZ-Anfrage gelassener, verwies auf Angebote, die sie den Mietern gemacht habe.

Rechtsanwalt Dieter Mika, Landesvorstand des Mietervereins Sachsen-Anhalt, sieht die Mieter im Recht. „Diese von der Gesellschaft ausgesprochenen außerordentlichen und hilfsweise ordentlichen Kündigungen der Mieter sind rechtsunwirksam“, urteilt er nach Ansicht der Dokumente. „Das liegt daran, dass diese Kündigungen unbegründet sind“, so Mika weiter. „Die Absicht des Vermieters, die Wohnung zu Wohnzwecken nicht mehr vermieten zu wollen und ’stillzulegen’, reicht dazu nicht aus.“

Wohnungen instand setzen und dann Block stilllegen?

Die Bewohner, schildert ein weiterer Mitmieter, seien dazu aufgefordert worden, die Wohnungen vor dem Auszug wieder instand zu setzen, obwohl der Wohnblock ohnehin stillgelegt wird. „Es müssen die Tapeten abgekratzt und Löcher verputzt sowie die Decken und Böden auf Vordermann gebracht werden“, schildert der Mitmieter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Für die Mieter will die Wohnungsgesellschaft Wohnungen vermitteln. „Aber Einige können die vorgeschlagenen Wohnungen gar nicht bezahlen“, sagt Sobothe. Zudem soll eine Kaution hinterlegt werden - teilweise 600 Euro - die die Bewohner sich nicht leisten können und deswegen zum Teil Kredite aufnehmen müssen.

Rechtsanwalt Mika rät von solchen Maßnahmen ab: „Da, wie ausgeführt, aufgrund dieser Rechtslage die Mieter nicht ausziehen müssen, sind derzeitig unterbreitete Wohnungsangebote mit weiteren Bedingungen (Kautionszahlung oder Übernahme der Mietzahlung durch das Job-Center) nicht zu prüfen.“ Sprich: Die Mieter müssen nicht ausziehen und deswegen auch nicht aufwendig renovieren. Sie können sich in Ruhe nach neuen Wohnungen umsehen und müssen keine Angebote annehmen, um überhaupt etwas zu haben.

Mieter können nicht zum Auszug gezwungen werden

„Sollten sich die Mieter einem Auszug konsequent verweigern, darf die Gesellschaft die Mieter nicht zum Auszug zwingen“, erläutert Mika weiter.

Neben rechtlichen Fragen ist es vor allem die Art und Weise, wie die Wohnungsgesellschaft mit den Mietern umgeht, die empört. „So kann man nicht mit den Mietern umgehen“, meint Ortsbürgermeister Thomas Schlennstedt (SPD). Und Dominik Sobothe sagt resigniert: „Wenn hier etwas gemacht wird, dann nur für die Wohlhabenderen. Wir dagegen, die nicht so viel Geld zur Verfügung haben, leben hier schon jahrelang in diesem Stinkeloch.“ (mz)