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Sommer in der DDR  Sommer in der DDR : Mathe und Baden - Das Ferienlager für Hochbegabte

Von Grit Pommer 14.08.2019, 10:18
Jürgen Peitzsch, Leiter der Station Junger Naturforscher und Techniker, zeigt Schülern einen Schaukasten mit Schalentieren.
Jürgen Peitzsch, Leiter der Station Junger Naturforscher und Techniker, zeigt Schülern einen Schaukasten mit Schalentieren. Naturforscher-Station

Sangerhausen - Ferien in der DDR - das hieß für den Staat oft auch: das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Um Talente zu fördern, wurden sie in so genannte Spezialistenlager eingeladen.

Die Schule in Hayn zum Beispiel arbeitete mit der Station Junger Naturforscher und Techniker in Sangerhausen zusammen und wurde in den Sommerferien vorübergehend zum Ferienlager umfunktioniert.

Erst lernen, dann toben

Dann wurden in einigen Klassenräumen Bänke und Stühle beiseitegeräumt und Schlafmatten ausgelegt. Dort zogen dann für zwei Wochen Mathe- und Russisch-Talente aus dem gesamten Kreis Sangerhausen ein. Schränke gab’s keine, man lebte einfach aus dem Koffer.

Vormittags wurde an Aufgaben geknobelt oder die Sprache trainiert. Nachmittags wurde das Spezialistenlager dann zum ganz normalen Feriencamp.

Man wanderte durch den Wald zum Baden an den Treuen Nachbarsteich, im Schulflur wurde an der großen Platte chinesisch Tischtennis gespielt und mindestens einmal pro Aufenthalt stieg im abgedunkelten Speisesaal eine Disko.

Einige der Kinder und Jugendlichen kannten sich schon von der Arbeitsgemeinschaft Mathematik, die ebenfalls an der Station in Sangerhausen beheimatet war. Die Kreis-Mathematikolympiade wurde damals als Möglichkeit genutzt, Kinder und Jugendliche anzusprechen und für die Mitarbeit in der AG zu gewinnen.

Die DDR überließ das nicht dem Zufall. „Das war damals ja ein richtiges System“, erinnert sich Jürgen Peitzsch. Er leitete die Station Junger Naturforscher und Techniker, die im alten Gymnasium an der Kyselhäuser Straße untergebracht war.

Kein Geld für Nachwuchs gescheut

In den Arbeitsgemeinschaften wurden die Schüler gezielt für die weiterführenden Olympiaden im Bezirk und manchmal sogar für die Teilnahme an der DDR-Olympiade vorbereitet.

„Die Schule in Hayn hat uns sehr unterstützt“, erinnert sich Jürgen Peitzsch. Manchmal war er auch mit seinen Jungen Naturforschern dort. Dann wurden Wanderungen unternommen und Schmetterlinge gefangen.

Die Mathe-Talente indes fuhren nicht nur in den Harz. Auch in Erfurt, in der Jugendherberge Eckartsberga oder im Ferienlager auf dem Hainfeld bei Stolberg wurden Spezialistenlager durchgeführt, erinnert sich Peitzsch.

Für besonders Begabte gab es die auch in der überregionalen Variante auf Bezirks- oder DDR-Ebene. „Ich war mal mit in einem Chemielager in Leuna, da wurde ganz schön was geboten“, erzählt Peitzsch.

Die Schüler konnten experimentieren und mit Experten sprechen. Die Finanzierung war in der DDR kein Problem, der Staat stellte das Geld für die Nachwuchsförderung zur Verfügung. Die praktische Umsetzung lief über hauptamtliche Mitarbeiter in den staatlichen Organisationen Pioniere und FDJ.

Mathecamps nach der Wiedervereinigung

Heute kümmern sich in Sachen-Anhalt Ehrenamtliche im Verein „Elemente“ darum, dass Mathematik- und Physikolympiaden stattfinden, bei denen Begabte ihr Potenzial entdecken können.

Der Verein organisiert auch zusammen mit den Spezialgymnasien in Halle und Magdeburg mathematische Sommercamps, für die Interessierte sich bewerben können - vorausgesetzt, sie erfahren etwas von der Existenz.

Denn das gezielte Aussieben von Talenten schon auf unterster Schul- und Kreisebene gibt es so nicht mehr. „Heute sind Mama und Papa gefragt“, meint Peitzsch.

Eine Übersicht von Feriencamps mit den Schwerpunkten Mathematik, Naturwissenschaften, Fremdsprachen, Geschichte oder Kunst finden Interessierte auf dem Bildungsserver Sachsen-Anhalt im Internet. (mz)