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Schicksal Schicksal: Nach Unfall begann ein neues Leben

Von Burkhard Zemlin 19.03.2002, 17:40

Stedten/MZ. - Klaus Eckardt (57) aus Stedten ist ein starke Natur. "Jammern bringt nichts", sagt er. Selbstmitleid auch nicht. Der Autounfall, der sein Leben verändert hat, ist nun einmal geschehen. Und das neue Leben, das für ihn am 3. Juni 1997 begann, will er behalten. Weil es besser ist, als gar kein Leben. "Wenn ich anderen die Ohren volljammern würde, dann würde keiner mehr kommen", sagt er und wirkt dabei erleichtert, weil er diesen Punkt hinter sich hat.

Nach dem Unfall war ja anfangs eine gewisse Leere um ihn herum. Weil seine ehemaligen Arbeitskollegen im Brunnenbau Stedten und viele Bekannte verunsichert waren, nicht wussten, wie sie sich ihm gegenüber verhalten sollten. Eckardt ist froh, dass diese Berührungsängste überwunden sind. Im Gespräch wirkt er locker und ungezwungen. "Der Kopf ist klar geblieben", versucht er zu scherzen.

Der Bauingenieur hat scheinbar auch kein Problem damit, über seinen Unfall zu reden, der sich zwischen Quenstedt und Aschersleben auf dem Weg zu einer Baustelle ereignete, für die er als Bauleiter verantwortlich war. Das Gefühl im Körper war gleich nach dem Zusammenprall weg, die Verletzungen so schwerwiegend, dass die Ärzte in Halle und später in Hamburg schon ein kleines Wunder vollbringen mussten, um ihm ein zweites Leben zu ermöglichen. Mehr als ein Jahr verbrachte er in Krankenhäusern und Rehabilitationseinrichtungen, und als er endlich wieder soweit war, nach Hause zu können, fand er sein Heim behindertengerecht umgebaut vor.

Der Stedtener hatte bei seinem Unfall Glück im Unglück, weil er dienstlich unterwegs war, was für jeden Arbeitnehmer besonderen Versicherungsschutz bedeutet. Bald sollte er erfahren, was die gesetzliche Unfallversicherung zu leisten vermag. Berufshelfer Ingo Dambeck von der Steinbruchs-Berufsgenossenschaft sorgte dafür, dass Eckardt in eine Spezialklinik nach Hamburg verlegt wurde, weil dort bessere Therapiemöglichkeiten bestanden, als sie damals in Halle möglich waren. Dann wurde ein Architekt hinzugezogen, um das Haus der Eckardts behindertengerecht umzubauen. "Ich war erstaunt über das Projekt", bekennt der Bauingenieur, der noch genau weiß, was damals sein erster Gedanke war: "Um Himmels Willen, das kostet einen Haufen Geld."

Aber mit Unterstützung der Berufsgenossenschaft konnte die Finanzierung gesichert werden. Und was Nachbarschaftshilfe vermag, dass sollte Eckardts Ehefrau Elli während der Bauarbeiten im Haus auf wohltuende Art und Weise erfahren. "Ohne diese Hilfe hätte ich es nie geschafft", sagte Frau Eckardt, die an der Grundschule Röblingen als Lehrerin arbeitet. Immerhin mussten Möbel geschleppt und Platz für die Handwerker geschaffen werden, die einen Anbau hochzogen und das Haus so umkrempelten, dass jeder Raum mit dem Rollstuhl erreicht werden kann.

Eckardt bekam von der Versicherung einen Rollstuhl der besonderen Art bezahlt, ein High-Tech-Gerät, das sich mit dem Mund steuern lässt. Das Gefährt verfügt über einen Computer, der erkennt, in welche Richtung gefahren werden soll. Das Haus erhielt einen Treppenlift, der für einen Rollstuhlfahrer unabdingbar ist. Eckardts neuer Pkw ist so beschaffen, dass er mit seinem Gefährt neben dem Fahrersitz Platz findet. So kann der Ingenieur noch etwas sehen von der Welt, er erfreut sich einer Versorgung, die ihm als gelernten DDR-Bürger fast märchenhaft erscheint.

Regelmäßig kommt ein Pfleger ins Haus. Und obwohl Eckardts Arme gelähmt sind, kann er im Internet zu surfen, E-Mails versenden, weil er den Computer mittels Stimme steuern kann. "Das häusliche Umfeld stimmt", sagt er. Das ist mehr als er anfangs zu hoffen wagte.