Seniorenrallye Sangerhausen: Seniorenrallye steht vor dem Aus

Sangerhausen - Sein Rennteam hat er gut aufgestellt, da ist sich Kuno Otilie sicher, als er sich auf den Fahrersitz seines grünen Wagens schwingt. Nichte Lydia Müller hält schon die Karte bereit, im Kindersitz wartet deren zweijährige Tochter Janne und auch Enkel Paul will heute dabei sein.
Es geht um seinen Opa, er ist die Startvoraussetzung der Truppe, denn nur er ist über 60 und darf bei der Seniorenrallye als Fahrer antreten. Von Abschiedsstimmung ist bei dem Vierergespann aus Liedersdorf und Blankenheim nichts zu sehen.
Doch die denkwürdige Nachricht hat auch sie längst erreicht: Womöglich könnten sie jetzt zum letzten mal an den Start gehen. Ob es 2017 noch eine Seniorenrallye in Sangerhausen gibt, steht in den Sternen.
Denn die soziale Einrichtung „Projekt 3“, bei der alle Fäden zusammenlaufen, bezweifelt, die Veranstaltung weiterhin wie bisher stemmen zu können. „Es wird Veränderungen geben“, sagt René Pischel aus der Geschäftsleitung. Gedanken an das vollständige Aus waren da, spielen momentan aber eine untergeordnete Rolle.
Pischel spricht von einem „immensen Arbeitsaufwand“. Fast vierzig Mitarbeiter sind am Rallyetag im Einsatz, für die Planung verstreichen Monate, die Kosten steigen und für die Helfer wird es immer schwieriger, den Tag für die mehr als 120 mitfahrenden Personen in ihren fast 50 Autos zu koordinieren.
„Soll die Seniorenrallye eine Zukunft haben, müssen wir versuchen, diese Last auf mehrere Schultern zu verteilen“, schlägt Pischel vor. Denn gerade jetzt, nach der 15. Auflage, sollte nichts einfach so enden, findet er.
Doch wo sollen die Veränderungen ansetzen? Derzeit starten die Fahrer in Sangerhausen oder Eisleben und gelangen über Stationen im Südharz ins Ziel nach Obersdorf. Unterwegs warten umfangreiche Aufgaben - meist Wissensfragen- auf die Besatzungen der Autos. „Vielleicht lässt sich ja da etwas machen“, spricht Teilnehmer Karl Krummel an. „Wir könnten ja etwas neues ausprobieren. Das wäre ein anderes Erlebnis.“ Denn so richtig Lebewohl sagen zur Seniorenrallye will niemand.
„Wir hängen doch dran“, erzählt Gerhard Otilie aus Emseloh. Der Rentner freut sich, wenn er den Landkreis per Auto erkunden kann. Seit Jahren ist er mit einigen Freunden dabei. „Es ist doch ein toller Gedanke, dass wir auch in den sozialen Einrichtungen haltmachen und mit den Leuten dort Zeit verbringen“, findet er. „Es ist unglaublich, wie viele Freundschaften durch die Rallye entstehen.“
Mittlerweile hat sich unter den Fahrern ein fester Kern an Dauerteilnehmern gebildet, das merken auch die Mitarbeiter in der Werkstatt vom Autohaus Liebe, wo vor dem Start alle Fahrzeuge gecheckt werden.
Im Unternehmen wird bereits überlegt, wie die Rallye weiterlaufen soll. Vielleicht könnten ja die Auszubildenden eine Station übernehmen oder man könnte selbst etwas zum Thema Sicherheitssysteme anbieten, heißt es. Denn aufgeben will auch hier niemand.
Dass die Stationsarbeit auch anders geht, zeigt das Team der Uftrunger „Villa Domäne“. Beim Rollstuhlrennen und Kegeln kamen die Fahrer ins Schwitzen. Sport als Alternative zum Rätselraten - für Maik Siebert von der Villa wäre das durchaus denkbar.
Am Ende des Tages zeigt sich auch René Pischel optimistisch: „Es wird ein verändertes Konzept geben. Notfalls setzen wir ein Jahr aus, um zu planen.“ Doch der Kreisseniorenrat plädiert für einen nahtlosen Übergang und würde sogar Hilfestellung geben.
„Die Seniorenrallye ist ein Stück Tradition“, findet die Vorsitzende Karina Kaiser. „Wir beraten in der nächsten Woche, wie wir uns einbringen können. Schaffen wir, die Tour zu retten, gehe ich 2017 selbst an den Start“, verspricht sie. (mz)

