1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Sangerhausen
  6. >
  7. Rottleberöder Sekundarschule: Rottleberöder Sekundarschule: Brockmann räumt um

Rottleberöder Sekundarschule Rottleberöder Sekundarschule: Brockmann räumt um

Von Viktoria Hoffmann 06.03.2014, 19:51
Zwölf der 20 geplanten Wohnungen in der alten Schule sollen barrierefrei sein.
Zwölf der 20 geplanten Wohnungen in der alten Schule sollen barrierefrei sein. Maik Schumann Lizenz

Rottleberode/MZ - Mit solch regem Interesse hatte Unternehmer Jörg Brockmann wohl kaum gerechnet. Am Mittwochabend mussten noch zusätzliche Stühle in den ehemaligen Biologieraum, an dessen Vergangenheit nur noch die Tafel erinnert, geräumt werden. Rund 60 Rottleberöder waren zu dem Informationsabend in die alte Sekundarschule gekommen.

Brockmann hatte öffentlich eingeladen, um das Geheimnis rund um die Zukunft des ehemaligen Schulgebäudes zu lüften. Drei verschiedene Gerüchte hatten sich im Ort manifestiert, seitdem Brockmann im vergangenen Dezember bei der Versteigerung des Objektes in Berlin den Zuschlag bekam. Für gerade mal 15 000 Euro ging die DDR-Platte damals über den Auktionstisch.

Dass eine Seniorenresidenz in das Gebäude einzieht erschien für die Bewohner des Südharzer Ortsteils genauso wahrscheinlich wie die Entstehung eines Wohnheims für Demenzkranke. Eine dritte im Umlauf befindliche Variante bezog sich darauf, dass Unterkünfte für Asylbewerber oder andere Flüchtlinge angedacht seien. Gerade in den letzten beiden Varianten schwangen teils unbewusst und unbeabsichtigt Ängste und Befürchtungen in den Köpfen der Menschen mit.

Gerüchte nicht bestätigt

In erster Linie solle ein Mietshaus entstehen, machte Brockmann am Mittwoch klar. Wie viel er insgesamt in den Ausbau des Objektes investieren wolle, ließ der Investor offen. Gemeinsam mit Architekt Uwe Ortmann stellte er ziemlich genaue bauliche Pläne und Überlegungen vor. Ungefähr 20 Wohneinheiten sollen in der Sekundarschule entstehen. Von Ein-Raum- bis Vier-Raum-Wohnungen kann alles dabei sein. „Energieeffizient, altersgerecht, bezahlbar und barrierefrei“ sind die Schlagworte, mit denen Brockmann im harten Kampf um potenzielle Mieter antritt.

Wer beim Namen des Wohnprojektes an die ortsansässige Holzmanufaktur Timura denkt, ist nicht in der DDR aufgewachsen. Man lehnt sich an den Roman „Timur und sein Trupp“ von Arkadi Gaidar an. Dieser zählte zur schulischen Pflichtlektüre vor der Wende. Wie im Buch leisteten viele Jahrgänge von Jungpionieren die sogenannte Timurhilfe. Nach diesem Prinzip der Nachbarschaftshilfe soll auch das Leben im neuen Mehrgenerationenhaus funktionieren. „Die Schule soll ein Platz der Begegnung werden“, berichtete der Schul-Besitzer. Gemeinschaftsräume im Mittelbau sollen den Rahmen dafür bieten.

Damit sich diese Idee realisieren lässt, ist die Gründung eines Vereins geplant. „Timur Südharz“ hat zwar noch keine Mitglieder, seine Satzung liegt aber bereits beim Finanzamt vor, um die Gemeinnützigkeit zu überprüfen. Der Verein könnte den Rottleberöder Weihnachtsmarkt wiederbeleben. „Hier sollen nur Sachen gemacht werden, die gewollt sind“, sagte Brockmann. Damit ist gemeint, dass man die Nutzung der Mehrzweckräume noch nicht festgelegt hat.

Im Grundsatz erinnert das Vorhaben an den Sangerhäuser WGS-Bau „Grüne Banane“ oder an ein noch in der Planung befindliches Projekt des Dittichenröder Vereins „Till“.

Robert Grünewald vom Kreis-Sozialamt ist vom Erfolg Brockmanns überzeugt: „Wenn man Menschen die Möglichkeiten gibt, dann nutzen sie die auch.“

Auch einen Namen hat das Kind: Haus Timur soll die ehemalige Penne nun heißen. „Wir wollen vermeiden, dass die älteren Leute ihre Dörfer verlassen müssen, sozusagen entwurzelt werden, nur weil sie die eigenen Häuser und Grundstücke allein nicht mehr bewirtschaften können“, erklärte Brockmann. Im Umkehrschluss solle das aber nicht bedeuten, dass nur alte Menschen einziehen können: „Das Haus ist für jedermann offen, egal welchen Alters oder welcher Herkunft, ob mit oder ohne Handicap“.

Der gebürtige Mansfelder stellte fest: „Man muss nicht alt sein, aber man kann hier getrost alt werden.“ Um die Barrierefreiheit zu gewährleisten, soll ein Fahrstuhl integriert werden, der die Bewohner bis in das zweite Obergeschoss bringt. Die Mietpreise seien mit durchschnittlich 4,70 Euro pro Quadratmeter moderat.

Gemeinschaftsräume geplant

Besonderheit seien die vielfältig nutzbaren Gemeinschaftsräume, die im Mittelteil des Plattenbaus angesiedelt sein werden. Küchen, Sporträume, Sauna, Klubraum - was das Herz laut Brockmann begehrt. Gepflegt, gewartet und genutzt werden sollen diese Räumlichkeiten genau wie die Außenanlagen, Kräutergarten und Parkplätze durch einen neu zu gründenden Verein „Timur Südharz“.

Einen langen Planungsvorlauf hatte Brockmann vorerst nicht in die Schule investiert, das gab er offen zu. Der Investor bedankte sich beim Südharz-Bürgermeister Ralf Rettig (CDU), dass auch mit seiner Hilfe „schnell ordentliche Entscheidungen getroffen werden konnten“. Brockmann plant jedenfalls fest damit, dass die ersten Bewohner noch in diesem Jahr in die Schule ziehen können. Am 17. März soll der Antrag auf Nutzungsänderung bei den Behörden gestellt werden.