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Rottleberode Rottleberode: Angst um die Kastanienallee

Von FRANK SCHEDWILL 20.08.2013, 19:32
Die Kastanienallee in Rottleberode ist eine der schönsten im Landkreis. Trotzdem sollen dort Bäume gefällt werden.
Die Kastanienallee in Rottleberode ist eine der schönsten im Landkreis. Trotzdem sollen dort Bäume gefällt werden. MAIK SCHUMANN Lizenz

ROTTLEBERODE/MZ - Sie gehört zu den schönsten Alleen im Landkreis. Majestätisch stehen 73 Jahrhunderte alte Kastanien an der Hauptstraße des Südharzer Ortsteiles Rottleberode. Doch zwölf von ihnen sollen nach Informationen von Einwohnern des Ortes noch in diesem Monat der Kettensäge zum Opfer fallen. Die betreffenden Bäume sind bereits mit orangener Farbe markiert. Grund ist der für das kommende Jahr geplante Ausbau der Ortsdurchfahrt, wobei anstelle der gefällten Kastanien Bushaltestellen und Parkbuchten entstehen sollen. Rottleberöder, von den Farbmarkierungen aufgeschreckt, sammeln jetzt Unterschriften gegen die Abholzung.

Listen in Geschäften ausgelegt

„Das geschichtlich einmalige Blätterdach muss geschützt werden“, sagt Angela Pschibert, die mit anderen die Sammlung initiiert hat. In vielen Geschäften des Ortes liegen die Listen seit einigen Tagen aus. Die Allee sei ein Teil des Ortsbildes von Rottleberode. Sie sauge Abgase und Lärm der Lkw- und Pkw-Kolonnen auf, die durch den Ort rollten. „Vögel, Kleintiere und Insekten haben hier ihren Lebensraum gefunden. Das darf nicht zerstört werden“, so Pschibert. Die Initiatoren verweisen auch darauf, dass bereits zu Jahresbeginn eine ganze Reihe Bäume dem Uferausbau des Flüsschens Thyra geopfert werden mussten. Auch das hatte damals Proteste ausgelöst. Dadurch konnte zumindest ein Teil der Bäume gerettet werden.

Die Kreisverwaltung in Sangerhausen, deren Umweltamt die Abholzaktion genehmigt hat, verteidigte dagegen das Vorgehen: „Die Landesstraßenbaubehörde plant, die Ortsdurchfahrt Rottleberode auszubauen, das heißt den jetzigen Belag zu sanieren und punktuell Parkplätze sowie Bushaltestellen zu schaffen bzw. zu erneuern. Auch die Erneuerung und der Ausbau der Fußwege ist vorgesehen“, so Kreissprecher Uwe Gajowski. Die Maßnahme sei durch den Regionalbereich Süd der Landesstraßenbaubehörde beim Landkreis beantragt und im Juli dieses Jahres genehmigt worden. „Es ist erforderlich, für die Umsetzung der Maßnahme in der gesamten Ortslage 21 Bäume zu entnehmen, darunter auch Bäume der Allee.“ Geprüft werde außerdem, ob Alleebäume, die Krankheitssymptome zeigen, mit gefällt werden. Diese sind bereits mit blauer Farbe markiert. „Die Fällung soll aber so erfolgen, dass nach den Ersatzpflanzungen wieder eine Allee mit Bäumen gleichen Alters entsteht“, sagt Gajowski. Der Ersatz für die gefällten Bäume müsse dabei ein Jahr nach dem Ende der Straßenbaumaßnahme in die Erde kommen. Laut Gajowski sollen die Baumreihen an der Ortsdurchfahrt durch 40 Neuanpflanzungen ergänzt werden. Zusätzlich würden weitere Bäume entlang der Schloßstraße und am Wirtschaftsweg zwischen Kreuzgrube und Altem Stolberg gepflanzt.

Die Initiatoren der Unterschriftensammlung sind mit der Antwort nicht zufrieden. „Wir möchten, dass der Plan überprüft wird und so viel wie möglich von der alten Allee und somit vom typischen Rottleberöder Ortsbild erhalten bleibt“, sagt Pschibert.

Neue Verzögerungen?

Andere Einwohner zweifeln an, ob die Parkbuchten und Bushaltestellen an den vorgesehenen Stellen überhaupt nötig sind. Man könne sie auch an anderen Stelle einrichten. Pschibert regt deshalb ein Gespräch mit der Straßenbaubehörde vor Ort an. Die Pläne zum Ausbau der Ortsdurchfahrt sind nach Angaben der Protestler bisher nie in einer Einwohnerversammlung oder einer ähnlichen Veranstaltung öffentlich vorgestellt worden. Die Gemeinde hatte kürzlich angekündigt, dass das komplette Bauvorhaben erst im September im Bauausschuss des Gemeinderates eine Rolle spielen werde. Peter Lotze, Fachbereichsleiter für Planung und Entwurf bei der Straßenbaubehörde in Halle, schließt ein Gespräch mit den Einwohnern vor Ort nicht kategorisch aus. Der jetzige Plan und das Fällen der Bäume seien aber mehrfach mit der Gemeindeverwaltung von Südharz abgestimmt worden, die Gemeinde bezahle zum Beispiel auch die Parkbuchten. Sollte jetzt wieder umgeplant werden müssen, führe dies womöglich zu Verzögerungen.

Der Fachbereichsleiter führt weiterhin an, dass Mitarbeiter seines Hauses in Rottleberode auch viel Zustimmung für die Abholzaktion erfahren hätten: „Einige Anwohner der Hauptstraße würden am liebsten noch mehr Bäume in der Allee fällen lassen“, sagt Lotze. Bei Sturm fielen nämlich immer wieder Äste der Kastanien hinab.

Südharz-Bürgermeister Ralf Rettig (CDU), von der MZ mit dem Problem konfrontiert, will nun das Gespräch mit den Protestierenden suchen. Es sei sinnvoll, sich vor der Fällaktion mit der Straßenbaubehörde, dem Ortsrat und den Einwohnern an einen Tisch zu setzen und „ergebnisoffen“ zu diskutieren. „Vielleicht gibt es ja noch andere Ideen“, so Rettig. Zeit für die Diskussion ist dem Bürgermeister Zufolge zufolge genug vorhanden: Obwohl die Straßenbaubehörde die Kastanien laut Genehmigung bereits jetzt fällen könnte, soll das nun frühestens Ende September geschehen.