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Rosenbibliothek Sangerhausen Rosenbibliothek in Sangerhausen: Historikerin Monika Gibas sucht nach NS-Raubgut

Von Joel Stubert 30.08.2017, 17:00
Historikerin Monika Gibas sucht nach NS-Raubgut in der Bibliothek in Sangerhausen. Dorit Radke (rechts) ist verantwortlich für die Bibliothek.
Historikerin Monika Gibas sucht nach NS-Raubgut in der Bibliothek in Sangerhausen. Dorit Radke (rechts) ist verantwortlich für die Bibliothek. Maik Schumann

Sangerhausen/Eisleben - Monika Gibas zieht ein Buch aus dem Regal, streicht über den grünen Einband. „Das sieht wirklich schön aus.“ Das Buch ist von 1929 und steht in der Rosenbibliothek in Sangerhausen. Gibas sucht dort nach Raubgut aus der Zeit des Nationalsozialismus (1933 bis 1945).

Die Eisleberin ist Lehrbeauftragte für Geschichte und Öffentlichkeit an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg und Leiterin eines Projekts zur Suche nach NS-Raubgut. „Ich schaue nach Widmungen, Exlibris oder anderen Hinweisen auf jüdische Besitzer, denen auch Bücher weggenommen wurden, wie die noch vorhandenen Akten der Finanzbehörden des NS-Regimes im Landesarchiv Sachsen-Anhalt ausweisen“, sagt sie. Natürlich gebe es auch Raubgut von anderen Personen wie politischen Gegnern, das sei aber noch schwerer zu identifizieren.

Rosenbibliothek Sangerhausen umfasst rund 8.600 Werke, doch nur wenige sind vor 1945 erschienen

Die Rosenbibliothek umfasst rund 8.600 Werke und ist damit laut Rosariums-Leiter Thomas Hawel die größte ihrer Art in Deutschland. Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit für Monika Gibas, in den Regalen im Verwaltungsgebäude im Steinberger Weg etwas zu finden, nicht allzu groß. Denn lediglich rund zehn Prozent des Bestands ist vor 1945 erschienen und kommt deswegen überhaupt erst infrage.

Was die Sache zusätzlich noch erschwert: „Es fehlt ein Findbuch“, sagt Gibas. „Deswegen ist es schwer, die Eingänge von Büchern zwischen 1933 und 1945 nachzuvollziehen.“ Das kann nur stichprobenartig gemacht werden. „Ich nehme die Bücher aus dem Regal und schlage einfach nach“, so Gibas. Unterstützt wird sie dabei von Dorit Radke, die für die Bibliothek ehrenamtlich verantwortlich ist und vor allem den Bestand pflegt.

Projektleiterin Monika Gibas sucht zweimal pro Woche nach NS-Raubgut in Sangerhäuser Bibliothek

4.000 Bücher seien damals nach dem Zweiten Weltkrieg als Reparationen in die Sowjetunion gebracht worden. Gut möglich, dass darunter ebenfalls NS-Raubgut war, das Gibas auch in Sangerhausen zu finden hofft. „Die Bücher wurden nach Kiew und Odessa transportiert, lagern aber dort, soweit ich weiß, unter schlechten Umständen und man muss bezweifeln, ob man dort noch etwas herausfinden kann“, sagt Leiter Hawel. „Sollten wir in Sangerhausen etwas finden, besteht die Möglichkeit, in einem weiteren Projekt dem nachzugehen“, sagt die Historikerin Gibas. Die Entscheidung, so Leiter Hawel, liegt dann bei der Stadt Sangerhausen.

Es sei ein Erstcheck im Rahmen eines wissenschaftlichen Projekts, erklärt Gibas. Bis Ende September noch wird sie zweimal in der Woche die Bücher durchsuchen, in der Hoffnung, Hinweise zu finden - Ende Dezember folgt die Auswertung. Zu Sangerhausen hat Monika Gibas eine besondere Beziehung. „Meine Mutter ist absoluter Rosenfan und hat in ihrem Garten viele Rosen“, sagt die 66-Jährige. „Und so kenne ich das Rosarium auch schon seit Kindertagen.“

Neben Sangerhausen sind bei diesem sechsmonatigen Projekt auch noch die Harzbibliothek Wernigerode, die Stadtbibliothek Magdeburg, die Landesbibliothek Dessau und die Francisceumsbibliothek Zerbst dabei. (mz)