Prozess um totgefahrene Nancy T. Prozess um totgefahrene Nancy T.: Mehr als fünf Jahre Haft für Todesfahrer aus Sangerhausen

Halle (Saale)/Sangerhausen - Während der Urteilsbegründung wischte sich Marcel S. mehrfach Tränen aus den Augen. Wegen Totschlags sowie gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr muss der 32-Jährige, der in Sangerhausen seine Ex-Freundin überfahren und getötet hatte, für längere Zeit ins Gefängnis.
Fünf Jahre und neun Monate lautete das Urteil, das Jan Stengel, der Vorsitzende Richter der ersten Großen Strafkammer, am Freitag im Landgericht Halle verkündete.
Richter geben Opfer aus Sangerhausen Mitschuld
Die Richter blieben damit unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die hatte siebeneinhalb Jahr Freiheitsstrafe für den Angeklagten gefordert.
Anders als die Anklagebehörde stufte das Gericht die Tat aber nur als sogenannten minderschweren Fall ein. Die Richter gaben auch dem 30-jährigen Opfer eine gewisse Mitschuld: Nancy T. müsse sich „zurechnen lassen, dass sie die Möglichkeit für die Tat mitgesetzt hat“, sagte Stengel.
Die 30-Jährige hatte an dem 24. August vergangenen Jahres mitten auf der vielbefahrenen Sangerhäuser Hasentorbrücke gesessen.
Außerdem ging das Gericht von einer sogenannten Impulstat des Angeklagten aus. Ein Gutachter hatte ihm eine erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit bescheinigt.
Nancy T. hat für den Frust des Täters herhalten müssen
Das Motiv sei auch in dem mehrtägigen Prozess nicht ganz klar worden, sagte Stengel. Nancy T. habe vermutlich für den Frust des Angeklagten herhalten müssen.
Der habe zu der Zeit keine Wohnung und eine ganze Reihe weiterer Probleme gehabt. „An dem Abend hat er dann innerhalb von Sekunden die falsche Entscheidung getroffen und das Leben der jungen Frau ausgelöscht“, sagte Stengel.
Marcel T. war nach einem heftigen Streit mit etwa 17 Kilometern pro Stunde auf das Opfer zugefahren, das im Schneidersitz auf der Straße saß und hatte die Frau mit dem Wagen erfasst.
„Nancy T. hatte keine Chance zu überleben“, so der Vorsitzende Richter. Sie erlag trotz schnell eingeleiteter ärztlicher Hilfe noch am Unfallort ihren massiven Kopfverletzungen.
Marcel S. flüchtete mit dem Auto vom Tatort, wobei er das Opfer erneut überfuhr. Er konnte aber kurze Zeit später bei einer Großfahndung von der Polizei gestellt und festgenommen werden.
Verteidiger will Revision prüfen
Der 32-Jährige stellte den Vorfall auf der Brücke dagegen als eine Art Verkehrsunfall dar. Sein Verteidiger Marten Keil hatte eine Bewährungsstrafe für seinen Mandaten gefordert.
Der Rechtsanwalt kündigte an, das Urteil zu prüfen. In der nächste Woche wolle er mit seinem Mandanten entscheiden, ob man Rechtsmittel dagegen einlegen und in Revision gehe werde.
(mz)
