Pflegeheim Sangerhausen Pflegeheim Sangerhausen: Mitarbeiterin soll Tote bestohlen haben

Sangerhausen - „Dass es so etwas in Sangerhausen gibt.“ Der 68-jährige Horst F. und seine Frau Christina (67, vollständige Namen der Redaktion bekannt), sind entsetzt über das, was sie vor wenigen Tagen im DRK-Pflegeheim „Tor zur Altstadt“ der Kreisstadt erlebten. „In unsere Trauer mischen sich Wut und Unverständnis“, sagen die Sangerhäuser.
Was ist passiert? F.s Schwiegermutter, die zwei Jahre lang in dem Heim betreut wurde, ist am vergangenen Sonntag im Alter von 93 Jahren im Krankenhaus gestorben. „Sie ist friedlich eingeschlafen“, sagt der Sangerhäuser.
Sachen verschwunden
Doch was nach dem Tod seiner Schwiegermutter passierte, kann der 68-Jährige auch Tage danach nicht fassen. Denn als er und seine Frau am Dienstag das verschlossene Zimmer der Verstorbenen in dem Pflegeheim fertig ausräumen wollten, waren auf einmal eine ganze Reihe Sachen der Toten verschwunden.
„Am Montag, als wir das erste Mal in ihrem Zimmer waren, sind die Dinge noch dagewesen“, betont F.. „Das Zimmer meiner Schwiegermutter ist am Montagnachmittag bei unserem Weggehen auch von der Schwester verschlossen worden.“ Umso mehr wunderten sich die Sangerhäuser, dass dann auf einmal im Bad der Korb mit Kosmetika zum Großteil geleert war.
Im Wohnzimmer seien Stifte aus dem Becher verschwunden, in dem die 93-Jährige immer ihre Filzstifte aufbewahrte. „So ist uns das Ganze erstmal aufgefallen“, sagt der Schwiegersohn. Dann entdeckten die Sangerhäuser, dass selbst das gerahmte Foto fehlte, das die Verstorbene mit ihrem Mann zeigte, der bereits vor etwa zehn Jahren gestorben war. Außerdem stellten die Angehörigen fest, dass im Wäscheschrank der 93-Jährigen gewühlt worden war.
Großteil des Diebesgutes bereits sichergestellt
„Ich habe es erst nicht gar glauben können“, sagt Horst F. dazu. „Wir sind eigentlich immer sehr zufrieden mit dem Heim und der Betreuung dort gewesen“, betont er.
Er hat die Sangerhäuser Polizei eingeschaltet und Anzeige erstattet. Die konnte der Familie mittlerweile einen Großteil der gestohlenen Sachen zurückgeben. Insgesamt handele es sich um 19 Positionen: von teurem Parfüm, anderer Kosmetik, einer Sonnenbrille bis hin zu einem Panasonic-Radio.
In dringendem Verdacht, die Sachen unberechtigt an sich genommen zu haben, steht laut Polizei eine 61-jährige Mitarbeiterin des Heims. Die Frau soll Nachtdienst gehabt haben und sei so an den Schlüssel für das Zimmer der 93-Jährigen gekommen.
Verdächtige mit Vorwurf konfrontiert
Polizeisprecherin Steffi Schwan sagt: Die Frau sei von den Ermittlern mit dem Vorwurf konfrontiert worden. Sie habe die Sachen freiwillig wieder herausgegeben. Die hatte sie nach MZ-Informationen zum Teil in ihrem Spind im Pflegeheim verstaut.
Die Leitung des Heims hat sich bei der betroffenen Familie entschuldigt. Andreas Claus, der Vorstandsvorsitzende des Sangerhäuser DRK-Kreisverbands, wollte sich gegenüber der MZ aber zu dem Fall nicht näher äußern. „Ich kann Sie in der angefragten Thematik leider nicht beauskunften“, schreibt er.
Dies sei auch vorrangig in der Tatsache begründet, dass das DRK ein Verband der freigemeinnützigen Wohlfahrtspflege und keine ermittelnde Behörde sei. „Insoweit können und wollen wir uns es nicht erlauben, eine eventuelle strafbewehrte Handlung eines Menschen einzuschätzen oder sogar zu beurteilen“, so Claus.
DRK setzt auf internes Qualitätsmanagement
Man schätze aber aufgrund der internen Qualitätsmanagementsysteme und DRK-Standards eventuelle arbeitsrechtlich relevante Vertragsverletzungen der Beschäftigten ein und agiere wertschätzend, achtsam und mit Augenmaß im Rahmen der möglichen arbeitsrechtlichen Konsequenzen.
Er wünsche im Kontext des Vorgenannten einen weiterhin konstruktiven Wochenverlauf. Mehr war nicht zu erfahren. In einer zweiten Mail lud Claus die MZ dann zu einem Empfang anlässlich des fünfjährigen Bestehens des Heims am 30. August ein.
„Hier können Sie sich vor Ort ein Bild machen, von der engagierten Tätigkeit unserer Beschäftigten zum Wohle unserer Bewohner*innen an 365 Tagen im Jahr. Gleichsam werden Sie die vielen freudigen und zufriedenen Bewohner*innen vor Ort sehen, welche bei uns tatsächlich ihre ,guten alten Tage' verbringen dürfen.“
Mehrere Jahre beschäftigt
Der betroffenen Familie hat Claus dagegen erklärt, dass die beschuldigte Mitarbeiterin vom DRK entlassen worden ist. Sie sei mehrere Jahre lang in dem Heim beschäftigt gewesen. Horst F. sagt: „Wir wollen dem Heim nichts Böses. Wir haben uns aber entschieden an die Öffentlichkeit zu gehen, damit das, was uns passiert ist, nicht wieder geschieht.“ (mz)