Oldtimer Oldtimer: Antike Traktoren zu bestaunen

Liedersdorf - „Ernst Ottilie“ steht in fein geschwungenen goldenen Lettern auf dem dunkelgrauen Lack des Lanz-Bulldog. „Das war mein Großvater“, sagt Nils Ottilie. „Der hat den Lanz 1938 gekauft.“ Seitdem befindet sich der Traktor, der unter den Freunden alter Landtechnik einen geradezu legendären Ruf genießt, in Holdenstedt im Familienbesitz.
Am Samstag vor Ostern ist Ottilie damit zum Oldtimertreffen ins benachbarte Liedersdorf getuckert. „Das ist heute im Andenken an meinen Großvater“, sagt der 48-Jährige und rückt sich die Schirmmütze zurecht.
Traktor seit Generationen im Familienbesitz
So eine Anschaffung war seinerzeit eine echte Hausnummer. 4.733 Reichsmark habe der Lanz gekostet, erzählt Ottilie. Dafür hätte man damals auch schon ein kleines Haus bauen können. „Die Ottilies waren nicht die größten Bauern in Holdenstedt, aber sie hatten den ersten Lanz Bulldog“, erzählt der Landmaschinenmechaniker und ein bisschen Stolz schwingt in seiner Stimme mit.
Dass der Lanz im Familienbesitz überdauern konnte, hat aber auch damit zu tun, dass Ernst Ottilie damals die kleinste Maschine gewählt hatte. 20 PS hat der dunkelgraue Traktor. Alles, was stärker war, musste in die LPG abgegeben werden.
„Den Pflug, die Dreschmaschine, die Melkmaschine - alles haben sie weggeholt. Aber der Lanz konnte bleiben“, erzählt Ottilie. Zwar habe sein Großvater den Traktor über die Maschinenausleihstation auch anderen zur Verfügung gestellt. Aber das war für das Gerät bei Weitem nicht so strapaziös wie ein Dasein als quasi herrenloses Gemeingut.
Benzin im Blut
Ottilie ist schon als kleiner Knirps mit seinem Großvater auf dem Lanz mitgefahren. Die unverwüstliche Technik, das robuste Ruckeln, mit dem der Motor den ganzen Traktor wie im Herzschlag-Rhythmus beben lässt, sie haben es dem Holdenstedter einfach angetan. „Wenn man das als Kind einmal gehört hat, lässt einen das nie wieder los“, sagt er.
Auch seinen Sohn Felix hat er schon mit dieser Leidenschaft angesteckt. Er ist mit zum Treffen gekommen und gibt bei der Frage Lanz oder Ferrari ganz klar der Arbeitsmaschine aus Mannheim den Vorzug.
Mehr als 200 alte Lastwagen und Landmaschinen waren zum dritten Treffen dieser Art an der Baumschule Kuhn zusammengekommen. Die alten Mopeds und Motorräder, mit denen die jungen Besitzer über den Platz düsten, hat Gastgeber Daniel Kuhn da noch nicht mal mitgezählt.
Technik, die begeistert
Das Treffen ist diesmal eine sehr staubige Angelegenheit. Immer wieder hüllen vorbeifahrende Ausstellungsstücke die Besucher in riesige Staubwolken. Die Begeisterung für die alte Technik kann das aber nicht trüben. Überall wird geschaut, bewundert und gefachsimpelt.
Die Oldtimerfreunde „Goldene Aue“ haben unterdessen auch passendes Spielzeug mitgebracht. Auf einer großen Wippe kann man seine Geschicklichkeit testen und versuchen, einen Traktor in der Waage zu halten. Sascha Klettner probiert es mit einem alten MAN-Traktor.
„Wo ist hier der Rückwärtsgang?“, fragt er zwischendrin einigermaßen verzweifelt, im zweiten Anlauf schafft er aber das Kunststück - unter dem Applaus der Umstehenden.
Den Staub kann man sich an diesem Tag mit kühlen Getränken von der Kehle spülen und den Lack ihrer Schmuckstücke bringen die Aussteller mit einer Kurzwäsche wieder auf Hochglanz. Erst als abends das Feuer brennt, ruhen die Maschinen. (mz)
