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Neuansiedlung in Sangerhausen Neuansiedlung in Sangerhausen: Mifa-Halle wird zur Waschanlage

Von Frank Schedwill 18.04.2019, 14:25
Der Schriftzug „Mifa“ wird wohl bald von der Werkhalle an der A 38 verschwinden.
Der Schriftzug „Mifa“ wird wohl bald von der Werkhalle an der A 38 verschwinden. Maik Schumann

Sangerhausen - Noch prangt das riesige Mifa-Logo an der Fassade. Seit knapp zwei Jahren ist die erst 2016 errichtete Industriehalle an der Südharz-Autobahn A38 verwaist, die einst für den Fahrradbauer gedacht war. Doch nun zieht in das Gebäude wieder Leben ein.

Denn der Logistikdienstleister Euro Pool System International (Deutschland) GmbH mit Sitz im nordrhein-westfälischen Bornheim hat das Gebäude mit seinen 30.000 Quadratmetern Fläche von den Eigentümern, der Ifa-Group, gemietet. Anders als einst geplant wird in den Räumen aber keine mechanische Fertigung stattfinden, werden keine Fahrräder montiert oder - wie von der Ifa noch Ende 2017 angekündigt - Gelenkwellen hergestellt.

Euro Pool System will Mifa-Halle in Sangerhausen als Servicezentrum nutzen

Euro Pool System, nach eigenen Angaben Europas größter Logistikdienstleister bei Mehrwegverpackungen für Frischwaren, will die 17 Millionen Euro teure Halle künftig vielmehr als weiteres Servicezentrum nutzen. Dort sollen Mehrwegverpackungen vermietet und gereinigt werden, in denen beispielsweise Obst und Gemüse in Supermärkte geliefert wird.

Insgesamt 71 dieser Servicezentren betreibt die Firma in Europa und Südafrika. In Deutschland gibt es bisher sechs.

Zu den Tausenden Kunden der Firma zählen private Unternehmen, aber auch Erzeugerorganisationen und deren Mitglieder. „Auf der Handelsseite arbeiten wir mit führenden Lebensmitteleinzelhandelsunternehmen in Deutschland und Europa zusammen“, sagt Euro-Pool-System-Geschäftsführer Kurt Jäger .

„Wir werden etwa zehn Millionen Euro am Standort Sangerhausen investieren“, kündigt er an. Hintergrund sei das Wachstums und die geplante Erweiterung des europäischen Netzwerkes. Der Standort Sangerhausen liege dafür sehr günstig am Schnittpunkt zweier Autobahnen.

Das neue Servicezentrum wird über Hochleistungswaschanlagen verfügen

„Unsere Stärken sind individuelle logistische Lösungen für alle Teilnehmer der Lieferkette“, wirbt er. Das neue Servicezentrum in Sangerhausen werde wie 43 weitere Standorte des Unternehmens über Hochleistungswaschanlagen verfügen. In den Waschstraßen werden die Mehrwegverpackungen jährlich über eine Milliarde Mal gereinigt und danach für einen weiteren Umlauf zur Verfügung gestellt. „Und das nach höchsten Hygienestandards“, wirbt Jäger. Das Wasser für die Waschanlagen soll aus dem öffentlichen Netz kommen.

Geplant ist, dass das neue Center von Euro Pool System im Juni dieses Jahres seine Arbeit aufnimmt. 25 Mitarbeiter sollen zu Beginn in der Kreisstadt beschäftigt werden. „Zeitnah“, wie Jäger betont, werde ihre Zahl auf bis zu 80 wachsen. Derzeit werden die geplanten beiden riesigen Waschanlagen, die über je zwei Linien verfügen, in der Industriehalle montiert. Pro Stunde sollen damit etwa 10.000 der Steigen genannten Mehrwegverpackungen gereinigt werden. Dies entspreche einer Waschleistung von etwa 65 Millionen Steigen pro Jahr.

Firma sucht Mitarbeiter

Die Firma sucht per Stellenanzeigen auch Mitarbeiter wie Mechatroniker oder Schichtführer, die über eine Ausbildung als Maschinen- und Anlagenführer verfügen, außerdem Staplerfahrer und Maschinenbediener. Bereitschaft zur Schichtarbeit sollte vorhanden sein, heißt es in den Annoncen. „In der Halle wird mindestens zweischichtig gearbeitet“, wie Jäger sagt. Weitere Ausbaustufen sind nach seinen Worten bis Ende kommenden Jahres geplant.

Sangerhausens Oberbürgermeister Sven Strauß (SPD) sagte, er freue sich, dass die Halle vermietet ist. Das zeige, dass Sangerhausen ein guter und attraktiver Wirtschaftsstandort ist. Jeder einzelne Arbeitsplatz zähle in der Region und Logistik habe Zukunft. Er glaube auch nicht, dass die Industriearbeitsplätze, die der Automobilzulieferer Ifa einst angekündigt habe, die bessere Wahl gewesen wären. „Wichtig ist, dass die Arbeitsplätze langfristig sicher sind“, so Strauß. Das zeige allein die Krise, in der sich die Ifa gegenwärtig befinde.

Die Firma mit Hauptsitz in Haldensleben braucht dringend frisches Geld. Auf Drängen der Banken hat die Eigentümerfamilie von Nathusius jüngst ihre Anteile an einen sogenannten Sanierungstreuhänder übertragen. Damit betraut wurde Rechtsanwalt Arndt Geiwitz, der als Insolvenzverwalter der Drogeriemarktkette Schlecker bundesweit bekanntgeworden ist. Mit dem Schritt soll der geplante Verkauf der Ifa leichter werden. Laut Rechtsexperten wird damit aber auch eine mögliche Insolvenz der Firma erleichtert. (mz)