Nach Urnenfund in Stolberg Nach Urnenfund in Stolberg: Seebestattung hat noch nicht stattgefunden

STOLBERG/MZ - Weiter warten auf die Beisetzung: Knapp sechs Wochen nach dem Fund von 67 eigentlich zur Seebestattung vorgesehenen Urnen in Stolberg haben die Toten noch immer keine letzte Ruhe gefunden. Die zuständige Gemeinde Südharz setzt dem ehemaligen Bestatter, der die Urnen in einem Fachwerkhaus in der Rittergasse versteckt haben soll, jetzt aber eine Frist.
Spätestens Ende dieses Monats muss die Asche dem Meer übergeben worden sein. „Ansonsten wird die Gemeinde handeln“, kündigte die stellvertretende Bürgermeisterin Anja Wöbken am Dienstag an.
Der Bestatter selbst hält daran fest, die Beisetzung selbst organisieren und auch bezahlen zu wollen. Dies hatte er bereits nach der Aufdeckung des Falls zugesagt. Die Bestattung werde so ablaufen, wie es mit den Angehörigen der Toten einst vereinbart gewesen sei, versicherte der Mann erneut auf Nachfrage der MZ. Einen genauen Termin dafür nannte er aber nicht. Er begründete das damit, dass noch Vereinbarungen mit dem Ordnungsamt der Gemeinde und der Reederei getroffen werden müssten, die die Urnen letztendlich beisetzt. Daran arbeite er im Moment. „Es ist auch in meinem Interesse, dass die Sache endlich abgeschlossen wird.“ Der Mann will die Bestattungen dann nachweisen. „Mein Anwalt wird eine Erklärung abgeben, wenn alles erledigt ist“, sagte er.
Wolfgang Ruland, der Obermeister der Bestatterinnung Sachsen-Anhalt, sprach von einem erschreckenden Einzelfall. Der Verdächtige sei aber kein Mitglied der Innung gewesen. Er könne Angehörigen von Verstorbenen nur raten, sich Innungsfirmen oder Betriebe zu suchen, die das Markenzeichen des Bestatterhandwerks tragen: „Dabei muss Qualität nicht teuer sein.“ (fs)
Die 67 Urnen, die aus ganz Deutschland stammen, sind nach Angaben der Gemeinde derzeit würdevoll untergebracht. Die Gemeindeverwaltung hat sie dazu bereits vor Weihnachten aus dem leerstehenden Haus holen lassen, wo sie Mitte Dezember entdeckt worden waren. Wo sich die Urnen genau befinden, dazu macht die stellvertretende Bürgermeisterin weiter keine Angaben. Entgegen anderslautender Meldungen würden sie aber nicht mehr im Gebiet der Gemeinde Südharz gelagert. Wöbken kündigte an, dass die Gemeinde die Unterlagen, die der Bestatter vorlegt, genau prüfen wolle. Damit solle gewährleistet werden, dass die Bestattung diesmal ordnungsgemäß ablaufe.
Gegen den Bestatter, der heute im thüringischen Erfurt lebt, ermittelt die Staatsanwaltschaft Halle wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betruges. Der 56-Jährige hat gegenüber der Behörde ein Geständnis abgelegt. Demnach kassierte er zwar Geld von Angehörigen der Toten für anonyme Seebestattungen. Er hatte aber wohl nie die Absicht, die vereinbarte Leistung zu erbringen, sagte Oberstaatsanwalt Andreas Schieweck. Den Betroffenen sei ein Gesamtschaden von etwa 15?000 bis 20?000 Euro entstanden. Der Bestatter hält dagegen, dass sich unter den Urnen auch etliche befinden, deren Bestattung nie bezahlt worden sei. Er wolle aber der juristischen Aufarbeitung nicht vorgreifen. „Ich habe die Sache verbockt und stehe dafür gerade“, sagte der Mann. Es tue ihm auch leid, dass durch seine Tat andere Bestatter in Erfurt in Misskredit geraten sind, obwohl sie mit der Sache nichts zu tun hätten. Er selbst habe durch den Vorfall eine sicher geglaubte Anstellung in einem Erfurter Bestattungsunternehmen nicht antreten können. Sein Gewerbe für Seebestattungen in Stolberg habe er bereits zum 1. Januar vergangenen Jahres abgemeldet. Nach Angaben der Gemeinde ist dies aber von Amts wegen passiert. Es habe mehrere Melderegisteranfragen nach dem Mann gegeben. Da der in Stolberg nicht auffindbar war, seien sein Wohnsitz und dann auch das Gewerbe abgemeldet worden.