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MZ-Weihnachtsserie  MZ-Weihnachtsserie : Die Krönung der Handarbeit

Von Steffi Rohland 07.12.2015, 12:21
Marlis Müller braucht viel Geduld und Sorgfalt bei ihrer Handarbeit. Seit mehreren Jahren widmet sie sich der Hardanger Stickerei.
Marlis Müller braucht viel Geduld und Sorgfalt bei ihrer Handarbeit. Seit mehreren Jahren widmet sie sich der Hardanger Stickerei. steffi rohland Lizenz

Bennungen - Handarbeiten wie Häkeln und Stricken hat Marlis Müller aus Bennungen schon immer gern gemacht. Vor rund acht Jahren wurde das Hobby intensiver. Ihre Bekannte Renate Bloßfeld hatte ihr das Strumpfstricken, speziell den „Trick“ mit der Herstellung der Ferse, gezeigt.

Treffen mit anderen Frauen

Sie war es auch, die vor knapp drei Jahren Marlis Müller mit nach Roßla in den „Club der flinken Nadeln“ nahm. So nennt sich die Gruppe von Frauen um Martina Jeschke, welche die hohe Kunst der Hardanger Stickerei beherrschen. Jeden Dienstag treffen sich die elf Frauen in „Tölles Eck“, um gemeinsam ihrem Hobby zu frönen. Ich gehe gern dorthin“, sagt Marlis Müller. „Wenn ich was nicht weiß, zeigen es mir die Frauen.“ Mit ansteckender Begeisterung berichtet sie von den Treffen und von der Kunst der Hardanger Stickerei.

Vorläufer der Hardanger Stickerei stammen aus dem Orient. Die ersten Durchbruchstickereien entstanden im 7. Jahrhundert in Persien, von wo aus sie sich im Mittelalter über die Handelswege nach Europa, z.B. Italien und später bis nach Skandinavien ausbreitete.

In der Hardanger Region in Norwegen wurde eine eigene Technik entwickelt. Hier wurden hauptsächlich die Schürzen und Blusen der Tracht mit dieser Stickerei verziert. Daneben wird die Sticktechnik für Kissen, Tischdecken und Läufer genutzt. Zum Sticken werden Nadeln ohne Spitze benutzt. Gestickt wird mit Perlgarn oder Sticktwist. Grundlage ist spezieller Hardanger-Stoff oder ein glatter Handarbeitsstoff mit klarer Gewebestruktur. (sro)

„Mit dieser blau-weißen Decke hat es angefangen“, sagt sie schmunzelnd. Inzwischen kann sie Kissen, Tischdecken, Läufer, Platzdeckchen und Engelfiguren vorweisen. Mit vielen Sachen hat sie bereits ihren Kindern und Bekannten zu Geburtstagen und anderen Festlichkeiten eine große Freude bereitet. Das wird auch beim bevorstehenden Weihnachtsfest wieder so sein.

Teures Gewebe

„Glauben Sie mir, es macht süchtig“, sagt sie. „Wenn man ein neues Muster sieht, kribbelt es in den Fingern.“ Dabei ist es wirklich nicht einfach, immer sorgfältig abzuzählen, die Stiche korrekt zu setzen und dann mit einer spitzen Schere die Gewebefäden vorsichtig durchzuschneiden, damit das gewollte Lochmuster entsteht. Alles andere würde das Ergebnis verderben. Dann wäre nicht nur die aufgewendete Zeit umsonst: Das qualitativ hochwertige Gewebe, welches man zur Hardanger Stickerei benötigt, ist nicht gerade billig. Deshalb bleibt auch kaum ein Stück übrig. Alles kann irgendwie durch die Nadelstiche veredelt werden.

Aber auch die anderen Näh-, Strick- und Häkelarbeiten kommen nicht zu kurz. Sie stellt immer noch Schals und Mützen her. Und auch der Schwiegersohn bekommt seine gestrickten Strümpfe. Aber auch das Nähen hatte die 65-jährige nicht verlernt. Ursprünglich hatte sie in der Wäschefabrik in Sangerhausen Industrienäherin gelernt. Bei der Bennunger Feuerwehr, in der sie seit 1969 Mitglied ist, gibt es deshalb zu passenden Gelegenheiten Stoffbeutel.

Marlis Müller kann nicht ohne was zu tun herumsitzen. Hat sie mal keine Haus- und Gartenarbeit zu erledigen und die Handarbeiten ruhen, stöbert sie in ihrer Heimatzeitung nach Bildern und Berichten aus ihrem Heimatort Bennungen oder der Region. Die Artikel werden ausgeschnitten und sorgfältig in ein Buch geklebt. Auf diese Art sind schon mehrere Chroniken entstanden, in denen sie selbst, aber auch Verwandte und Bekannte dann auch immer wieder gerne blättern. (mz)

Marlis Müller beherrscht die Kunst der Hardanger Stickerei
Marlis Müller beherrscht die Kunst der Hardanger Stickerei
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