MZ-Reporter auf dem Harzrundweg MZ-Reporter auf dem Harzrundweg: Auf Etappe zwei schlägt die Defekthexe zu

Sangerhausen - Mein Freund Jörg, der in meinem Heimatort einen kleinen Fahrradladen betreibt, hatte wie immer Recht. Als ich ihm das Steppenwolf-Rad zeigte, meinte er, es sei gut ausgestattet. „Nur mit den Reifen wirst du auf den schlechten Schotterwegen keinen Spaß haben“. Und so passiert es gleich am zweiten Tag meiner Harzumrundung. Etwa fünf Kilometer hinter Osterode am Harz zischt es und das Hinterrad ist platt. Also schiebe ich notgedrungen zurück ins Zentrum der Fachwerkstadt und suche eine Fahrradwerkstatt.
Erste Panne mit dem Rad: Autor Frank Schedwill erntet mitleidige Blicke
Unterwegs erhalte ich mitleidige Blicke von anderen Radfahrern. Als der völlig kaputte Reifen ganz von der Felge springt, packt Rolf Höche mit an. Es ist quasi ein Kollege von mir.
Der 58-Jährige arbeitet als Zeitungsausfahrer in Northeim. Allein hätte ich die beiden schweren Radtaschen und das kaputte Rad ohne weitere Schäden wohl nicht in die Werkstatt von Kalle Feig bekommen.
Seesen: Im Städtischen Museum wird der Weg von Heinrich Engelhard Steinweg nachgezeichnet. Er baute in Seesen bereits Klaviere. 1850 wandert er mit seiner Familie nach New York aus. Unter dem Namen Steinway & Sons erobern seine Instrumente die Konzerthallen der Welt. Öffnungszeiten: dienstags bis freitags von 11 bis 17 Uhr sowie samstags und sonntags 14 bis 17 Uhr.
Goslar: In der Kaiserpfalz wurde einst Weltpolitik gemacht. Was hier geschah, bewegte im Hochmittelalter das Deutsche Reich und die Nachbarländer. Seit 1992 zählt die Anlage wie die Goslarer Altstadt und das Bergwerk Rammelsberg zum Weltkulturerbe. Geöffnet ist die Kaiserpfalz täglich von 10 bis 17 Uhr. (mz)
Und obwohl der 60-jährige Inhaber und Chefmechaniker noch dringende Reparaturen zu erledigen hat, lässt er alles andere stehen und liegen, als ich ihm erzähle, dass ich rund um den Harz unterwegs bin. In wenigen Minuten ist der Steppenwolf wieder flott und hat zwei neue Reifen, die nun zu fast 100 Prozent pannensicher sind, wie Feig verspricht.
„Die anderen Reifen sind für Feldwege nix“, sagt der Fahrradmechaniker. Diese Erfahrung habe ich ja nun auch gemacht. Der Radhändler aus Osterode hat früher sogar Fahrräder aus Sangerhausen verkauft: Germatec, die Fachhandelsmarke der einstigen MIFA.
„Nur haben die sich dann nicht mehr um uns gekümmert. Es gab keine Kataloge mehr. Der Kontakt ist leider eingeschlafen“, sagt Feig. Schade sei das gewesen, denn die Fahrräder waren gar nicht schlecht. Aber vielleicht schaffe es Sachsenring, am Markt zu bleiben, sagt Feig.
Nach der schnellen Reparatur gehts weiter Richtung Seesen
Nach einer Dreiviertelstunde verlasse ich den Laden und fahre in Richtung Seesen. Die Kleinstadt, in der Wilhelm Busch seine letzten Lebensjahre verbrachte, kenne ich bisher nur als Autobahnauffahrt auf der A 7.
Jetzt empfängt mich Seesen mit so grauem Himmel, dass ich schnell weiter Richtung Goslar rolle. Doch auch hier im Westharz verfolgt mich ein leidiges Thema: die schlechte Ausschilderung des Harzrundweges. Ich muss immer wieder auf die Karte gucken und Passanten fragen, sonst finde ich die Radtrasse nicht. Vielleicht hätte ich mir für die Tour doch besser ein GPS-Gerät besorgen sollen. Das Handy, das ich für Fotos brauche, will ich zum Navigieren nicht nehmen. Der Akku wäre im Nu alle.
Harzrundweg: Bessere Ausschilderung bei Neuekrug
Das Problem mit der Ausschilderung ändert sich erst bei Neuekrug nördlich von Seesen. Ab dort verläuft der Weg mit der Hexe auf einer gemeinsamen Trasse mit dem Europaradweg R1, der auf rund 3.600 Kilometern von Boulogne-sur-Mer in Frankreich nach Sankt Petersburg in Russland führt.
Goslar empfängt mich mit Sonnenschein. Ich mache noch schnell einen Abstecher in die malerische Altstadt und zum Besucherbergwerk Rammelsberg. Zigtausende Tonnen Gestein wurden dort aus der Erde geholt. 110.000 Gäste aus aller Welt besuchen pro Jahr die 1988 stillgelegte gigantische Anlage, die zum Weltkulturerbe zählt, berichtet Museumsleiter Gerhard Lenz.
Unter ihnen auch eine Reihe Gäste aus dem früheren Sangerhäuser und Mansfelder Kupferrevier. Und dann gibt es noch eine Begegnung mit der Heimat. Denn Heiko Uhrigshardt, Mitarbeiter des Besucherservices im Bergwerk, erkennt mich auf Anhieb. „Sie sind doch Frank Schedwill“, meint der 54-Jährige.
Wie er auf meinen Namen komme, will ich überrascht wissen. Uhrigshardt klärt das schnell auf: „Ich habe von 1997 bis 2000 in einer Sangerhäuser Werbeagentur gearbeitet und aus alter Verbundenheit noch immer die Wochenendausgabe der Sangerhäuser Zeitung abonniert. Und da sehe ich öfter mal ihr Bild.“ Wie heißt es doch so schön? Die Welt ist ein Dorf, auch im Harz.
Die nächste Etappe führt von Goslar nach Blankenburg. (mz)