MZ-Dorfserie MZ-Dorfserie: In Horla kann man sich schnell in der Ferne wähnen

Horla - „Diesen Blick hat man sonst nirgends“, sagt Heinz-Hasso Neumann. Es zieht und pfeift ein wenig oberhalb von Horla am Wildgehege. Dafür sieht man allerdings den Brocken und links daneben den Wurmberg. Und etwas weiter im Vordergrund kann man das Josephskreuz erkennen.
„Hier oben kommen viele Wanderer vorbei“, sagt der Ortsbürgermeister. Das Panorama ist tatsächlich traumhaft. „Das sieht zu jeder Jahreszeit schön aus“, meint Neumann. „Im Winter sind hier oben Schneeverwehungen, da denkst du, du bist in Skandinavien.“
Malerisch schön: Horla liegt in einer Senke umgeben von Bäumen
Horla liegt nun aber weniger in Skandinavien und auch nicht in der Toskana, sondern ist ein Ortsteil von Sangerhausen. „Die Landschaft ist sehr schön hier“, sagt auch Neumanns Frau Ehrentraud. „Da braucht man eigentlich gar nicht in den Urlaub zu fahren.“
Seit 2001 lebt sie hier und begibt sich mit ihrem Mann so oft es geht hierher, oberhalb von Horla, wo man den Ort selbst schon gar nicht mehr sehen kann, weil er in einer Senke liegt und im Grün der Bäume versinkt.
Paßbruch, Horla oder Klosternaundorf - Orte, die nicht jeder gleich auf der Landkarte findet. In ihnen leben teils deutlich weniger als 100 Einwohner. Und doch gibt es interessante Geschichten. Wir haben uns im Landkreis Mansfeld-Südharz auf die Suche begeben. Die Resultate finden Sie in unregelmäßigen Abständen an dieser Stelle. (mz)
Dort oben am Wildgehege gibt es noch eine Köte, eine Hütte der Köhler, die man zur 700-Jahr-Feier von Horla dort installiert hat. Damit möchte man an die Tradition der Köhler in der Gegend erinnern, die von den 50er bis in die 80er Jahre ihr Handwerk verrichteten. „Auch diese Köte ist einzigartig“, sagt Heinz-Hasso Neumann nicht ohne Stolz.
Seit 24 Jahren ist er schon Ortsbürgermeister, seit seinem vierten Lebensjahr lebt der 70-Jährige in Horla. „Jede Stadt hat mal als Dorf angefangen“, sagt er. „Hier hat man Traditionen und kann sich auch Wohneigentum leisten“, sagt er. Die Einwohnerzahl habe sich bei 115 stabilisiert.
Zentraler Treffpunkt für Menschen in Horla ist das Dorfgemeinschaftshaus
Zentraler Treffpunkt für die Menschen im Ort ist das Dorfgemeinschaftshaus. „Das ist 300 Jahre alt“, sagt er, „und war früher mal ein Gutshaus und in den 50er Jahren eine Grundschule“. Fünf eckige Tische und ein runder stehen im ersten Raum, eine kleine Bar und die Ankündigung der Skat-Freunde: „17.8. Skat“.
Urkunden schmücken den Hauptraum, der allerdings noch in zwei weitere große Räume übergeht. Für einen Ort mit weniger als 120 Einwohnern mutet das Dorfgemeinschaftshaus etwas überproportioniert an. Dennoch finden viele Veranstaltungen dort statt, sagt Neumann.
Horla wurde erstmals 1311 urkundlich erwähnt
1311 – ist im Haus vermerkt - wurde Horla erstmals erwähnt. Der Ort blickt auf eine lange Geschichte zurück, inklusive einiger Ehrungen der Neuzeit wie jene beim Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ des Landkreises.
Eine Zukunft für die Kirche St. Georg hatte die DDR-Regierung im Jahr 1972 nicht mehr gesehen, es kam zum Abriss - 230 Jahre, nachdem sie erbaut worden war. „Da sind nur noch die Grundmauern erhalten geblieben“, sagt Ehrentraud Neumann. Warum die DDR-Politik das damals so entschied, sei nicht so recht klar. „Jedenfalls waren wir lange Zeit der einzige Ort hier im Umkreis, der keine eigene Kirche mehr hatte“, sagt Heinz-Hasso Neumann.
Neuer Glockenturm für Horla - Viele Spenden machten es möglich
Neben den Mauern ist aber auch noch eine rund 700 Jahre alte Bronzeglocke der Kirche erhalten geblieben. Und weil die eine Heimat brauchte, hing sie die ganzen Jahre in einem Stahlgerüst – zusammen mit einer rund 80 Jahre alten Eisenglocke. Bis man genug Geld zusammen hatte, um einen Glockenturm zu bauen. „Das haben wir mit vielen Spenden gestemmt“, sagt der Ortsbürgermeister.
Rund 110.000 Euro kostete der Bau und nun hat Horla wieder einen Kirchturm, wenngleich er deutlich kleiner ist als sein Vorgänger. Die beiden Glocken hängen untereinander im Turm, von sieben bis 22 Uhr läuten sie jede Stunde einmal. „Bald sollen noch zwei Uhren an die Außenseiten“, sagt Neumann.
Es geht also voran in dem Ort im Nordwesten von Sangerhausen, durch den die L 232 in Richtung Auerberg führt. Wer allerdings mit dem Rad durch Horla will, hat zumindest einige Schweißperlen auf der Stirn angesichts von sechs bis acht Prozent Steigung. „Das ist eben eine Herausforderung“, wischt Heinz-Hasso Neumann alle Zweifel beiseite. „Da braucht man eben nicht nach Bayern oder in die Schweiz zu fahren.“ (mz)


