Modedesignerin Jacqueline Trebeck Modedesignerin Jacqueline Trebeck: Ein Unikat für Sangerhausen

Sangerhausen - Wer hätte gedacht, dass Jacqueline Trebeck das Entwerfen und Schneidern von Mode einmal als den schönsten Beruf überhaupt bezeichnen würde? Sie selbst jedenfalls nicht: „Ich habe Nadelarbeit in der Schule gehasst. Das war wirklich das schlimmste Fach“, gibt die Sangerhäuserin rückblickend zu. Auch ihre Familie war von dem plötzlich eingeschlagenen Berufsweg der Tochter mehr als überrascht. Als sie sich nach dem Abitur an der Berufsschule in Halle für das Fach Modedesign eingeschrieben hatte, habe ihr Mutter die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. „Es war für mich immer klar, dass ich etwas Kreatives machen will“, erzählt Trebeck. Zuerst habe sie mit der Schauspielerei geliebäugelt. Doch so ganz das Richtige sei das doch nicht gewesen und dann fiel spontan die Entscheidung für die Mode. Die hat die 36-Jährige bis heute nicht bereut: „Ich liebe die Arbeit wirklich und habe mir mit meinem Atelier hier einen kleinen Traum erfüllt.“
„Hier geht es oft ganz schön chaotisch zu“
Der besteht aus zwei kleinen, lichtdurchfluteten Zimmern in der Bahnhofstraße in Sangerhausen. Als Besucher weiß man gar nicht so recht, wohin man zuerst schauen soll. Regale - dicht bepackt mit Stoffen aller Art, eine Wand - voll behangen mit Bleistift-Skizzen, Kleiderstangen - auf denen sich die Kollektionsstücke aneinanderreihen. Dazwischen finden sich Kleiderpuppen, Kisten mit Nähzubehör, Stoffreste und umherliegende Nadeln. „Hier geht es oft ganz schön chaotisch zu“, gesteht Trebeck lächelnd. Aber solange es sie selbst nicht stört, stellt das wohl kein Problem dar. Denn das Geschäft läuft. Obwohl oder gerade weil Trebeck alles ohne fremde Hilfe schultert.
Schon früh hat sie gemerkt, dass sie sich selbstständig machen will. „Als Angestellte zu arbeiten wäre nichts für mich.“ Während der Ausbildung habe sie mehrere Praktika absolviert und dabei viele Erfahrungen bei anderen Designern sammeln können. „Dort musste ich oft Entwürfe umsetzen, die mir persönlich überhaupt nicht gefallen haben.“ Sie erinnert sich etwa an ein Unternehmen im Schwabenland, das Streetwear produziert. „Da hatte ich zum Beispiel an einem Tag den Auftrag fünf gleiche Hosen zu nähen - Baggy Pants, bei denen der Schritt in den Knien hängt“, lacht sie. „Nein, das ist so gar nicht mein Fall.“ Spätestens da war ihr klar, dass sie Kleider entwerfen will, die ihrem Geschmack entsprechen.
Jedes Stück ein Unikat
Den Stil ihrer Kollektionen beschreibt sie als elegant, weiblich und figurbetont. Die Stücke, die sie entwirft und anfertigt, sind allesamt Unikate. Massenanfertigung käme für Trebeck nicht in Frage: „Man muss bedenken, dass wir hier in der Provinz leben. Da will ich nicht, dass sich zwei meiner Kundinnen auf der Straße mit den gleichen Kleidern begegnen“, so Trebeck. Provinz meint sie hierbei keineswegs abschätzig. Die 36-Jährige hat sich vor Jahren ganz bewusst dafür entschieden, sich beruflich in Sangerhausen niederzulassen. Man könnte denken, einen Modedesigner zieht es in die großen Fashionmetropolen der Welt. Trebeck jedoch hat ihrer Heimat den Vorrang gegeben.
Das war nicht immer so. Nach dem Ende ihrer Ausbildung hat sich Trebeck erst in Sangerhausen niedergelassen und gearbeitet. Aufträge gab es da genug, es sei gut gelaufen. „Aber in mir drin hatte ich immer den Traum, einmal in England zu leben“, erzählt sie. „Ich habe mir gedacht, wenn ich das jetzt nicht mache, dann nie.“
Rückkehr nach vier Jahren
Im November 2004 war es dann so weit. Familie, Freunde und ihr Atelier ließ die junge Frau hinter sich, um in dem Londoner Vorort Aylesbury noch einmal bei Null anzufangen. Schon bald kamen die ersten Aufträge. Dabei unterschied sich die neue Arbeit von der in der Heimat. „Dort ist es üblich, dass die Designer zu den Kunden gehen“, erklärt Trebeck. Und fügt mit einem Lächeln hinzu: „In dieser Zeit habe ich die schönsten Häuser von innen gesehen.“
Auch eine Boutique interessierte sich für die Kollektionen der Sangerhäuserin und brachte diese unter die Engländer. „Die Menschen dort wussten das deutsche Handwerk sehr zu schätzen. Es war wirklich eine tolle Zeit“, blickt Trebeck zurück. Vier Jahre blieb sie in England - bis sie 2008 zu Besuch nach Sangerhausen kam und sich entschied, wieder zurückzukehren. „Für mich hatte ich damals alles aus England herausgeholt und wollte wieder bei meiner Familie sein“, sagt sie. Die Auszeit in der Ferne habe ihr gut getan: „Ich konnte einfach mein Ding machen.“ Zudem habe sie ihre Heimat in dieser Zeit ganz anders zu schätzen gelernt, so Trebeck.
Volles Auftragsbuch
Die Verbundenheit mit Sangerhausen spiegelt sich auch in ihren Kollektionen wieder. Vielleicht liegt gerade darin die Erklärung, weshalb die Mode der 36-Jährigen bei den Menschen auf der Insel so gut ankam: „Die Engländer sind ganz vernarrt in Rosen“, erklärt sie. Etwas, das sie mit den Sangerhäusern gemein haben dürften. Deshalb widmet Trebeck die jährlichen Kollektionen stets einer Rosenart und verwendet sie dann als Accessoires oder Stoff-Muster. Diese sind im Übrigen nicht nur für Menschen mit großem Geldbeutel erschwinglich: „Natürlich habe ich keine Preise wie bei Ware von der Stange. Aber von mir bekommen die Kunden Einzelstücke und wissen das auch zu schätzen.“ Über mangelnde Kundschaft kann sie sich jedenfalls nicht beschweren - das Auftragsbuch ist voll. „Normalerweise geht es zu Jahresbeginn ruhiger zu, aber zurzeit stecke ich schon bis zum Hals in Aufträgen für die Jugendweihe.“ Viel Zeit fürs Private bleibt da nicht, aber das sieht die Designerin gelassen. „Ich bin eh kein typisches Mütterchen, das hinterm Herd steht“, sagt sie und räumt schnell noch ein paar Entwürfe weg. „Gleich kommt schon die nächste Kundin und dann muss ich noch flink einen Mantel fertig machen.“ (mz)



