Medizin Medizin: Mineralien statt Stethoskop

rOTtleberode/MZ - Das Öffnen der Tasche und das Herausnehmen und Umhängen des Stethoskops sind bei Wolfgang Enke in Fleisch und Blut übergegangen. Die Routine verrät die 44 Jahre Berufspraxis des Medizinalrates Dr. med. Enke. Der 71-jährige ist mit Leib und Seele Landarzt. „Primär wollte ich Kernphysik in Dresden studieren“, sagt er. „Aber dafür gab es höchstens sechs Studienplätze. Da habe ich mich rechtzeitig auf Medizin umorientiert.“ Nach dem Abitur absolvierte er das Physikum – die ersten zwei Studienjahre – an der Universität in Olmütz/Tschechien. Dann wechselte er zur Berliner Charité. Sein Staatsexamen legte er an der Humboldt-Universität ab. Es folgte die Pflichtassistenzzeit in Querfurt. „Wir konnten uns die Orte nicht aussuchen“, sagte er. Um Schwager und Schwägerin wieder näherzukommen und „das gemeinsame Heimweh nach Dessau zu mildern“, bewarb sich Wolfgang Enke an der Poliklinik in Sangerhausen und kommt schließlich nach Rottleberode. „Das war eine glückliche Entscheidung“, empfindet es das Ehepaar Enke übereinstimmend. Ab November 1969 praktiziert Wolfgang Enke als Allgemeinarzt und Betriebsarzt. Er ist damit unter anderem im damaligen Gipswerk Rottleberode und im Flussspatschacht Straßberg für die Arbeitsplatzgestaltung und Tauglichkeitsuntersuchungen zuständig. Bis zum Renteneintritt am 1. April 1991 ist er als Kreisbetriebsarzt tätig. „Durch die Zusammenarbeit mit den Schachtbetrieben und die Betreuung der Grubenwehr mit den spezifischen Untersuchungen bekam ich eine gute technische Ausrüstung, wie EKG-Gerät oder Lungenleistungsprüfer, die andere nicht hatten“, sagt er. Mit der Wende zerbrach die Struktur der Betriebsärzte. Er wurde niedergelassener Arzt in Rottleberode. „Beim Bau der Praxis konnten wir zielgerichtet mitplanen“, berichtet er stolz. Es wurde eine gut gehende Praxis mit rund 1400 Patienten im Quartal. Zwei Schwestern und eine Reinigungskraft gehörten mit zum Praxisteam. Der „gute Geist“ im Vorzimmer war dabei über 42 Jahre „Schwester“ Heidi Kolbe aus Rottleberode. Über ihren Chef sagt sie: „Er war immer kulant zum Personal und zu den Patienten. Ich hab ja gar keinen Vergleich zu anderen Chefs. Aber wäre ich nicht zufrieden gewesen, ich hätte es sicher nicht so lange ausgehalten.“ Natürlich war auch Ehefrau Elke immer in sein Leben als Arzt eingebunden. „Sie hat eine große Aktie an meiner Entwicklung“, betont er, auch wenn sie das Lob verlegen macht. „Ohne meine Frau hätte ich es so umfassend nicht gepackt.“ Gemeinsam erinnerte man sich an die Zeit, als es noch kein Telefon gab, und sie ihren Mann von einem Einsatzort zum anderen lotste.
"Sie hat eine große Aktie an meiner Entwicklung"
Die Praxisräume sind nun leer. Seine Zulassung als Kassenmediziner endet am 31. Januar 2014. „Nun ist es genug“, sagt er. Der große Einzugsbereich auch beim regelmäßigen Bereitschaftsdienst war am Ende doch beschwerlich geworden. Trotzdem möchte er sein Leben als „Landarzt“ nicht missen, mit ständiger Bereitschaft und der manchmal einzigartigen Kenntnis familiärer Schicksale.
Aber ein Ruhestand ist es noch nicht: Es gibt noch einiges für die Übergabe an seine Nachfolgerin, der Ärztin Katrin Bulk, vorzubereiten. Dass es ihm gelungen ist eine Nachfolgerin zu finden, noch dazu einheimisch, freut ihn. Er wird nun mehr Zeit für seine Frau und die Mineraliensammlung haben. Besonders freut sich aber die Briard-Hündin. „Sie bestimmt jetzt den Tagesablauf, man ist immer gezwungen rauszugehen“, sagt er mit Blick auf die Hündin, die aufmerksam das Gespräch mit „Herrchen“ verfolgt und schließlich auch noch zu ihrem Recht, einem langen Spaziergang, kommt.