Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Unbeschwerter Badespaß in der Thyragrotte
STOLBERG/MZ. - Der Erlebnistag im Bad gehörte zu einem dreiwöchigen Aufenthalt so genannter "Tschernobyl-Kinder", die immer noch indirekt von der Atomkatastrophe 1986 nahe der ukrainischen Stadt Prypjat betroffen sind.
Organisiert wurde der Aufenthalt vom Verein "Kinder von Tschernobyl Harzvorland" mit Sitz in Thale. Dieser Verein betreut in den Krisengebieten Kindergärten, Schulen und Waisenhäuser, organisiert Reisen nach Deutschland und kümmert sich auch um Schwerstbehinderte.
Einmal im Jahr werden aus der Schule in Baktschy zehn Mädchen und Jungen im Alter von neun bis elf Jahren ausgewählt, um drei erlebnisreiche Wochen im Harz verbringen zu dürfen. "Dabei wird darauf geachtet, dass die Kinder aus bedürftigen Familien kommen", so Manfred Gleesner, der als Betreuer und Sponsor bei dem Projekt mitwirkt.
Er erklärt, dass der Verein nun bereits seit 15 Jahren Reisen nach Deutschland organisiert. Untergebracht seien die Kinder im Moment im Forsthaus Eggerode bei Thale, ein Wochenende auch in einer Gastfamilie. Jeden Tag stehe ein besonderes Erlebnis auf dem Plan. Nach dem Besuch im Schwimmbad werden sich die Kinder, die von deutschen Vereinsmitgliedern sowie einer Dolmetscherin und einer Kindergärtnerin oder Lehrerin aus ihrem Heimatland betreut werden, noch die Stadt Stolberg ansehen.
"Nicht zuletzt Stolbergs Bürgermeister Ulrich Franke soll hier gedankt werden, der sich vor einigen Jahren bereit erklärte, den Verein in seiner Arbeit zu unterstützen", erklärt Gleesner. Des Weiteren sind auch eine Fahrt mit der Schmalspurbahn sowie ein Besuch am Hexentanzplatz und am Josephskreuz geplant. "Die Kinder machen dann immer ganz große Augen", freut sich Gleesner. "Die meisten von ihnen kennen Loks und Züge nur von Bildern."
Der Besuch im Spaßbad und ein anschließendes gemeinsames Essen seien gesponsert, so Gleesner. "Das ist eine große Hilfe, denn unser Verein lebt nur von Spendengeldern und Mitgliedsbeiträgen." Spenden, die Mitglieder auch mit nach Baktschy nehmen, wenn sie die Kinder kommenden Freitag wieder in ihre Heimat bringen. "Dort wird alles gebraucht. Wir haben auch im medizinischen Sektor viel erreicht", erklärt Gleesner. So seien schon Arztpraxen und Krankenhäuser ausgestattet worden mit Gerätschaften und Materialien, die hier in Deutschland nicht mehr gebraucht wurden. Wenn die Vereinsmitglieder nach Baktschy fahren, bleiben sie dort meist eine Woche. Sie nehmen dann auch Fahrräder, Kinderwagen und viele andere Gegenstände des täglichen Gebrauchs mit, wenn sie die Mädchen und Jungen zurück in ihre Heimat bringen. Auch die Gasteltern der Kinder, die vor Jahren schon in Deutschland waren, geben immer wieder Päckchen und Geschenke mit, erklärt Gleesner. "Viele halten heute noch den Kontakt." Er weiß auch zu berichten: "Das sind immerhin 1 200 Kilometer Strecke. Wenn die Kinder hier in Deutschland ankommen, haben sie nur eine kleines Gepäckstück dabei. Reisen sie wieder ab, sind es oft viel mehr Taschen." Vor Abreise der Kinder wird es auch einen Abschiedsabend gemeinsam mit allen Sponsoren geben, bei dem sich die Kinder bedanken können. Sie nehmen nicht nur Souvenirs und kleine Einkäufe mit zurück nach Baktschy.
Viel wichtiger und tiefgreifender sind die positiven Eindrücke, die sie in Deutschland sammeln konnten. "Unser Projekt zeigt sichtbar Wirkung", berichtet Gleesner. "Viele Gewohnheiten in ihren Familien ändern sich nach dem Aufenthalt in Deutschland." Er habe es zum Beispiel erlebt, dass in Weißrussland zunächst der Hausherr gemeinsam mit den Gästen esse, danach erst dürften die Kinder essen.
In den Familien, deren Kinder an dem Projekt teilnehmen durften, ist es mittlerweile so, dass alle gemeinsam essen. Laut Gleesner habe sich häufig ein ganz neues Familienleben entwickelt. Er resümiert: "Wir freuen uns, wenn die Kinder lachen."