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Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: In Uftrungen entstand das erste Rosenlexikon der Welt

Von HEINZ NOACK 03.12.2010, 19:03

UFTRUNGEN/MZ. - August Jäger wird stolz gewesen sein, als er vor 50 Jahren das erste gedruckte und gebundene Rosenlexikon in den Händen hielt. Die Krönung seiner jahrelangen Arbeit. Das Zentralantiquariat der DDR Leipzig hatte es 1960 als Reprint herausgegeben. Rund 17 000 alphabetisch geordnete Rosenarten hatte er darin auf 768 Seiten festgehalten, deren Abstammung erklärt, die Blüten und Wuchseigenschaften beschrieben. Es war das erste umfassende Rosenverzeichnis der Welt.

August Jäger war ein Autodidakt. Er erblickte am 25. März 1876 in Uftrungen das Licht der Welt. Sein Geburtshaus soll Hinterdorf 21 sein. Genaueres war nicht in Erfahrung zu bringen. Auch über die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Eltern ist nichts mehr bekannt, außer, dass sich im Grundstück ein kleiner Laden befand. "Jäger besuchte die höhere Knabenschule in Kelbra", sagt Andrea Hammer. Sie hatte sich als ABM-Chronistin von Uftrungen auch mit dem Leben und Wirken dieses berühmten Mannes beschäftigt. Seine berufliche Laufbahn endete als Beamter der Landesfeuersozietät. Aus gesundheitlichen Gründen wurde er frühzeitig pensioniert. Damit fand er viel Zeit für seine Hobbys, das Reisen und die Rosen. Jäger soll viele Länder Europas besucht haben.

Als Mitglied des Vereins Deutscher Rosenfreunde weilte er oft im Rosarium in Sangerhausen. Dort kam er auch mit dem damaligen Leiter, Professor Ewald Gnau, ins Gespräch. Jener regte den Uftrunger an, ein Verzeichnis aller bekannten Rosenarten aufzustellen. Jäger war fremdsprachenkundig, wissenschaftlich interessiert und welterfahren. Er war der geeignete Mann für ein solch immenses Vorhaben. Damit hatte August Jäger seine Lebensaufgabe gefunden.

August Jäger wohnte im Grundstück seiner Stiefschwester Paula Wernecke, Schluft 12. Dort hatte er sich ein Arbeitszimmer eingerichtet und Rosenbeete angelegt. Für sein Verzeichnis ließ er sich Rosenkataloge aus der ganzen Welt zusenden, arbeitete alle Fachzeitschriften durch und nutzte die damals größte Rosenbibliothek der Welt in Sangerhausen. Im Jahre 1936 schloss er seine Arbeiten ab. 1920 soll er damit begonnen haben. Ehrgeizig wie er war, kaufte er eine Druckerpresse und fertigte in Handarbeit 1 000 Exemplare. "Stundenweise hat ihn dabei ein gelernter Setzer unterstützt", sagte Andrea Hammer. "Das Manuskript waren auf Zeitungsbögen geklebte Papierstreifen." Zum Binden kam er nicht mehr, der Zweite Weltkrieg und die Nachkriegszeit stoppten ihn. Lediglich für Fachleute und Liebhaber stellte er vereinzelt Bogensätze zusammen, die er für zehn Mark verkaufte.

Erst 1960 war es soweit: Auf Initiative des Rosariums Sangerhausen kam das Rosenlexikon in den Handel. Trotz mehrerer Nachauflagen gehört es heute schon wieder zu den Raritäten. Der Inhalt des Jägerschen Rosenlexikons ist heute noch aktuell. "Besonders bei den historischen Rosen greifen wir oft auf seine Beschreibungen zurück", sagt Jutta Pfeiffer, stellvertretende Leiterin des Europa-Rosariums.

August Jäger starb am 30. Juli 1962. Eine Gedenktafel an einem der beiden Grundstücke gibt es nicht. Die Grabanlage auf dem Ortsfriedhof ist erhalten und wurde anlässlich der 1110-Jahrfeier im Jahr 2000 neu gestaltet. Eine Straße in Uftrungen trägt inzwischen seinen Namen. Auch Zeitzeugen gibt es noch. So konnte sich Gertrud Tenzel (98) noch an den "gut gekleideten Herrn" erinnern.

Hanna Wernecke (74) kennt ihn noch aus der Zeit, als er im Haus ihrer Schwiegermutter lebte. "Im Arbeitszimmer war alles voller Regale und Bücher", sagte sie. "Nachmittags ging er immer mit dem Lehrer Stumme auf ein Tässchen Tee in den Thyra-Fuchs. Er wollte gern noch die Schwarze Rose züchten." Sogar die Taufe einer "August-Jäger-Centenar-Rose" wurde 1969 vorgeschlagen. 1998 benannte der Rosenzüchter Herbert Mießler eine Rose nach August Jäger. Es ist eine rosa blühende, leicht gefüllte und leicht duftende Floribunda Rose.