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Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Gräfin von Lichtenau als Prunkstück

Von HELGA KOCH 03.09.2010, 15:37

STOLBERG/MZ. - Die mehr als 200 Stücke - Möbel, Gemälde, Urkunden, Bücher, Wappen, Gläser, Musikinstrumente oder Waffen - stammen aus dem Besitz der Familie und werden durch Leihgaben ergänzt. Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Reiner Haseloff (CDU) und zahlreiche Gäste kamen ins Staunen.

Für Jost-Christian Fürst zu Stolberg-Stolberg erfüllt sich damit ein ganz besonderer Wunsch. "In erster Linie ist das für die Stolberger", sagt das 70-jährige Familienoberhaupt entschieden. Und wo kämen die prächtigen Stücke besser zur Geltung als im Fürstenflügel des Schlosses, das seit ein paar Jahren der Deutschen Stiftung Denkmalschutz gehört und allmählich seine einstige Schönheit zurückerlangt?

Als er fünf war, im Sommer 1945, hat seine Familie die Residenzstadt verlassen, erzählt der Fürst. Als die Russen anrückten und sie "auf Intervention des Herzogs von Braunschweig rausgebracht wurden", hätten sie nur wenig mitgenommen: kleine Gegenstände wie Porzellan, Bilder, Waffen, Silber, aber keinerlei Möbel. "Bis 1948 ist das Haus geleert worden, wohl über die Moritzburg Halle. Etwa 60, 70 Prozent des Inventars sind ins Feudalmuseum nach Wernigerode gekommen." Ein Teil sei aber auch verschwunden oder zu Bruch gegangen. Von einigen Gemälden, drei wurden beispielsweise in Belgien gefunden, fehlten die Rahmen, bedauert der Fürst, der mit seiner Familie in Brüssel lebt.

Nach dem Einigungsvertrag sei es zwar bei den Enteignungen von Grund und Boden geblieben, was ihn nach wie vor mächtig ärgert. Doch mobile Sachen, die noch aufzufinden waren, wurden zurückgegeben. "Um die Museen zu schützen, wurde ihnen ein 20-jähriges Nießbrauchsrecht eingeräumt." So habe die Familie inzwischen vieles zurückbekommen und teils für viel Geld restaurieren lassen.

Das schönste Stück, sagt er nach kurzem Überlegen, ist für ihn das lebensgroße Gemälde der Gräfin von Lichtenau. Sie war eine Mätresse des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm II., und ihre uneheliche Tochter heiratete den Erbgrafen Friedrich von Stolberg. Das Bild der Gräfin hat im Roten Saal einen Ehrenplatz bekommen. Normalerweise gehört es der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. "Das Gemälde ist in einer Klimakiste nach Stolberg gebracht worden", erzählt der Fürst. Ginge es nach ihm, bliebe es länger im Roten Saal.

Die Ausstellung soll bis Mitte Januar zu sehen sein. Was danach mit dem Inventar wird, ist zum Teil noch nicht entschieden. Einiges wird die Familie mit nach Brüssel nehmen. Anderes bleibt in Stolberg. Etwa der reich verzierte und drei Jahre lang aufwendig restaurierte Ecksekretär, dessen aufgesetzte Uhr einst ein Uhrmacher aus der Stadt kunstvoll gefertigt hat.

"Wir haben kein Schloss mehr. Aber wir bauen hier ein Haus", sagt der 70-Jährige. Sobald er nicht mehr beruflich als Antiquar tätig sei, wolle die Familie deutlich mehr Zeit hier verbringen und sich auch kulturell engagieren. Vorstellbar wäre es schon, einen Teil der Ausstellungsstücke als Dauerleihgabe im Schloss zu lassen. Etwa die Glassammlung, die zwar nicht mehr ganz vollständig, aber dennoch die größte ihrer Art in Sachsen-Anhalt ist. Sie wurde erst im vorigen Jahr von der Moritzburg zurückgegeben, ein Teil der Gläser ist noch immer in Kisten verpackt. Die Idee der Dauerausstellung würde auch die Historikerin Gaby Kuper begrüßen, sie hat die Ausstellung mit konzipiert.